SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

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Olivia Cole
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SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#1

Beitrag von Olivia Cole »

Aus eigener Erfahrung: 10 monatliche Bewerbungen sind wirklich ziemlich viel und setzen einen sehr unter Druck! Zu Beginn meiner Hartz-IV-"Karriere" musste ich auch mindestens 10 Bewerbungen jeden Monat nachweisen, wenn ich mich richtig erinnere.

Eine Zeitlang hatte ich es damals aufgrund von Überforderung nicht geschafft, 10 monatliche Bewerbungen zum nächsten Gesprächstermin nachzuweisen (und die Gespräche waren anfangs alle zwei Wochen bzw. monatlich), sondern habe die Bewerbungen dann nachgeliefert. Man könnte auch sagen, dass ich damals viel Glück gehabt habe, keine Sanktion zu kassieren.
Es entspricht dem Menschenbild des Grundgesetzes und dessen Verständnis von der Würde eines Individuums, [...] dass der Mensch zunächst sich selbst unter Anstrengung aller eigenen Kräfte und Mittel hilft, wenn er Not leidet, bevor er staatliche Hilfen in Anspruch nimmt. Dies spiegelt sich maßgeblich im Grundsatz des „Fördern und Fordern“ (§§ 1 bis 3 SGB II) wider.
Prinzipiell vollkommen richtig, das unterschreibe ich auch sofort. Aber, und das ist eine entscheidene Änderung in den letzten Jahren gewesen: wieso gilt dieser Grundsatz nicht auch für notleidende Banken? Notleidende Manager? Wieso ist stattdessen eine Selbstbedienungsmentalität und Wir-lassen-uns-Retten-Mentalität eingekehrt? Da ist es doch kein Wunder, dass das Gefühl einer Ungleichbehandlung Frustration bei den Leistungsberechtigten verursacht.
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Koelsch
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#2

Beitrag von Koelsch »

Für mich viel erschreckender:
Dies gilt gerade auch dann, wenn ein Antragsteller nachweislich in der Lage ist, zahlreiche, umfassende Klageschriften, Widersprüche und Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit des SGB II abzufassen, und der SGB II-Träger die Finanzierung der Kosten für nachgewiesene Bewerbungen sowie die Übernahme von Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen nach vorherigem Antrag durch eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget in Aussicht gestellt hat.
Auf gut Deutsch, wer uns mit so vielen Klageschriften, Widersprüchen etc. belästigt, der hat auch satt Zeit, sich noch mit 10 Bewerbungen zu beschäftigen, das ist doch ein Klacks für solch einen Vielschreiber.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Olivia Cole
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#3

Beitrag von Olivia Cole »

Da hat sich jemand bei Gericht gereizt gefühlt.
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benedetto
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#4

Beitrag von benedetto »

Ich sehe 10 Bewerbungen/Monat bei einem jüngeren Arbeitssuchenden als die allgemein zumutbare Höchstgrenze an, bei einem über 50jährigen mag man das fairerweise auch auf 4-5 reduzieren; dies habe ich in der Vergangenheit ohne Mühe hinbekommen (sofern man sich bundesweit um Stellenangebote bewirbt).

Der Kläger will dies aber aus weltanschaulichen Gründen grundsätzlich nicht anerkennen:

Zitat: "Ab heute widerstehe ich offen jeder staatlichen Zumutung, ein mir unsinnig erscheinendes Arbeitsangebot anzunehmen oder unsinnige, vom Amt mir auferlegte Regeln zu befolgen. Auch die durch die Wirklichkeit längst als illusorisch erwiesene Fixierung auf "Erwerbsarbeit" lehne ich in jeder Weise ab.

Ich beanspruche ein unbedingtes Recht auf ein freies, selbstbestimmtes Leben, welches ich einer von mir selbst gewählten, mir selbst sinnvoll erscheinenden und mir nicht von außen vorgeschriebenen Tätigkeit widmen darf – auch wenn ich durch die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse gezwungen bin, dafür Hartz IV in Anspruch zu nehmen.
"

http://www.grundrechte-brandbrief.de/Pr ... ehnung.htm

Der Gegenwind in Berlin ist aber vom Kläger des hiesigen Verfahrens - Aktivist Ralph Boes - selbstverursacht, da er als bekennender Dauerbewerbungsverweigerer regelmäßig so schöne Schriftsätze an Jobcenter Berlin-Mitte sowie die jeweiligen Kammern des SG-Berlin verfasst und auch eine entsprechend umfangreiche Verfahrensdokumentation auf seiner Webseite zugänglich macht, wie z.B. hier:

http://www.grundrechte-brandbrief.de/Pr ... chrift.htm

Zudem ist Ralph Boes nach seinem und seiner Prozeßbevollmächtigten Sachvortrag in vielen Verfahren als freiberuflich oder ehrenamtlich mit 200 €/Monat Aufwandsentschädigung tätiger Dozent & Redner im Auftrag der Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen e.V. offenbar so ausgelastet, daß daneben kein Raum für Bewerbungsbemühungen bleibt! :angel:

Eine letzte Anmerkung:

Wenn Boes es verstünde, den Marktwert seiner Arbeitstätigkeit besser einzuschätzen und das freiberufliche Einkommen erzielte, was ihm zustünde, würde er sich wie ein vernünftiger und risikobewußter Einzelunternehmer/Freiberufler verhalten. Aber so viel betriebswirtschaftliches Grundwissen ist für ihn als abgebrochenen Philosphiestudenten und einer gebrochenen & erfolglosen Erwerbsbiographie zuviel verlangt. Da könnte man ihm einen Antrag auf Förderung einer beruflichen Weiterbildung anraten...
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kleinchaos
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#5

Beitrag von kleinchaos »

Hab aktuell eine junge Frau in der Beratung, bei der der SB sagt: jeden Tag 1 Bewerbung. Nun war aber nicht die Rede von Wochenenende usw.
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marsupilami
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#6

Beitrag von marsupilami »

Sagen kann er viel.
Er soll das mal schriftlich fixieren.
Signatur?
Muss das sein?
quinky
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#7

Beitrag von quinky »

kleinchaos hat geschrieben:Hab aktuell eine junge Frau in der Beratung, bei der der SB sagt: jeden Tag 1 Bewerbung. Nun war aber nicht die Rede von Wochenenende usw.
Das sind 20 Bewerbungen im Monat x 12 Monate x 5€, dh.
NUR WENN Bewerbungeskosten von 1.200€ jährlich übernommen werden, ist diese Forderung korrekt, denn 100€/Monat aus dem Regelsatz für Bewerbungen zu zahlen, ist unmöglich. Eine solche Forderung (ohne die Bewerbungserstattung) ist vorsetzliche Körperverletzung, da ca. 60% der Ernährung anderweitig verwandt werden muß (Da Nichtbewerbung ja unter Sanktionen steht).
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#8

Beitrag von benedetto »

Warum gleich das StGB bemühen?

Eine derartige Festlegung in einer EGV ohne konkrete + hinreichende Bestimmung über Kostenübernahmezusagen wäre schlicht unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.
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kleinchaos
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#9

Beitrag von kleinchaos »

Hat sie nicht schriftlich. Forderung von ArbeitDirekt. Und Bewerbungen kann sie dort schreiben, bekommt auch Porto und Umschläge dort.

Ich finde es ja grundsätzlich ne gute Sache, dass es das so gibt und auch den Jobclub, wo Leute ohne PC und Internet ihre Bewerbungen schreiben können. Aber sich darauf zu berufen und Bewerbungskosten somit grundsätzlich abzulehnen finde ich rechtlich nicht haltbar
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Koelsch
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#10

Beitrag von Koelsch »

Und wer bezahlt die Fahrtkosten zu ArbeitDirekt?
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#11

Beitrag von kleinchaos »

Da bekommt sie ne Fahrkarte
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Koelsch
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Re: SG B - S 168 AS 5850/14 - 10 Bewerbung sind ok

#12

Beitrag von Koelsch »

Das es heißt "20 Bewerbung und nur da" halte ich auch für sehr fragwürdig. Das ist ein doch sehr massiver Eingriff in die persönliche Entscheidungsfreiheit. Ich muss entscheiden können, ob ich meine Bewerbungen von 8 - 12 im Großraumbüro schreibe, oder lieber, weil besser, von 1 - 5 zu Hause am PC oder per Hand.
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