Regionaldirektion - mal wieder

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kleinchaos
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Regionaldirektion - mal wieder

#1

Beitrag von kleinchaos »

Ich hatte ja für Umzug und Kaution ein Darlehen beim JC aufnehmen müssen.

Anfang Juni kam ein Schreiben von der RD Bayern, in dem die angeblich am 16.05.2012 fällige Forderung von 416,50€ zur sofortigen Zahlung gestellt wurde.
Ich also dort angerufen, natürlich 0180... Beim 4. Versuch war ich dann auch an der richtigen Stelle angekommen, inklusive 8 Minuten Warteschleife.
Nachdem ich erstmal nachfragte worauf denn die Forderung beruhe bekam ich dann die entsprechende Antwort. Ich erklärte verwundert, dass da doch eine Darlehensvereinbarung existiert und die auch monatlich bedient wird. Achso, dann könne ich das Schreiben getrost zerreißen, dann ist das gegenstandslos. Aha.

Ich hab dann noch recht erbost auf die geforderten Mahngebühren reagiert, deren Erhebung ja rechtswidrig ist. Naja, man wäre kulant und würde die stornieren. Soso.

Heute erhielt ich wieder Post von der RD Bayern. Die wollen jetzt 646,90€ haben, zuzüglich 3,50€ Mahngebühren.
Wie sich diese Summe nun zusammensetzt ist mir komplett schleierhaft. Angeblich wären die zum 20.04.2012 fällig gewesen.
Nun seh ich gar nicht mehr durch.

Darlehenssummen sind: 416,50€ Umzugskosten
380,00€ Kaution
gesamt 796,50€

Getilgt wurden davon bisher 4 mal 37,40€ = 149,60€

Erstaunlicherweise bekam ich das Schreiben erst heute, ausgestellt wurde es angeblich schon am 06.09.2012. Am 01.09.2012 hab ich mich vom Jobcenter abgemeldet. Fixe Reaktion.

Die Lage hat sich aber nun zwischenzeitlich geändert, ich bin ja wieder auf Deutschlands längster Lohnliste angekommen.
Ich muss morgen eh zum JC, werde beide Schreiben mitnehmen und dort mal bissel Wirbel veranstalten. Und anschließend zum Anwalt gehen und nen Widerspruch gegen die Mahngebühren schreiben lassen, das kostet die BA richtig Geld und das zahlen die auch anstandslos.
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
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Koelsch
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#2

Beitrag von Koelsch »

Ist nicht zu fassen solch ein Unfug.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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kleinchaos
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#3

Beitrag von kleinchaos »

Vor allem ist es rechtswidrig, dass das JC Leipzig eine laufende Darlehensvereinbarung an die RD übermittelt. Ich finde das eine Frechheit und werde mich dagegen zur Wehr setzen
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#4

Beitrag von Koelsch »

Recht ist doch bekanntlich das, was der SB als Recht ansieht. :motzki:
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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kleinchaos
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#5

Beitrag von kleinchaos »

Vor allem berufen sich die Flitzpiepen auf einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid (Umzugskosten) den ich nie erhalten hab.
Die Umzugskosten sind als Darlehen gewährt worden und werden nach der Kaution zurückgezahlt, da sie nach der Kaution bewilligt wurden. Na, ich mach da morgen mal bissel Radau.
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Günter
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#6

Beitrag von Günter »

Ich würde die ganze Darlehensgeschichte per Klage angehen. Das ist noch nicht endgültig, die können nicht während des Bezugs getilgt werden, da sie nicht im Regelsatz enthalten sind.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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kleinchaos
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#7

Beitrag von kleinchaos »

Ich hab ja die Begründung des Berliner SG auch gelesen. Allerdings begründete der Richter seine Entscheidung zum großen Teil mit der langen Tilgungszeit des Darlehens. Die ist ja bei mir mit 11 Monaten so nicht gegeben.
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#8

Beitrag von Günter »

Ich denke morgen mal über das Thema nach, ist schon zu spät jetzt.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
pfiffi
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#9

Beitrag von pfiffi »

Diese Thema ist derzeit in recht großer Breite sehr oft von Betroffenen zu lesen oder auch in Gesprächen zu hören. Leistungs SB macht Häckchen beim Forderungsmanagment in der Software, Forderungsstelle sieht sich ausserstande etwas zu klären verweist immer auf Leistungs SB , im Telefonat mit einem Betroffenen berichtete er mir das es in seinem Kreis mehr als gehäuft derzeit dazu kommt, Bescheide nicht oder unklar vorhanden, vor allem forderungen aus mehr als 2 Jahren zurückliegenden Zeiträumen, vermute in der Hoffnung das Betroffe Unterlagen nicht vollständig haben, das man damit durchkommt und doch noch ein erkeckliches Sümmchen sich zum großen Teil rechtswidrig zurückholt, hier ist es doch geschickt gewesen den § 44 abzuändern.

Dort anrufen ist in meinen Augen zwecklos, bzw. telefonische Klärung nicht gerade optimal.
Demokratie? Träum weiter......
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marsupilami
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#10

Beitrag von marsupilami »

Mehr als :Daumen: für solche Behördengänge kann ich nicht.
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Muss das sein?
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kleinchaos
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#11

Beitrag von kleinchaos »

Hab Dienstag früh Termin bei der Leistungs-SB. Mal schauen
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helz

Re: Regionaldirektion - mal wieder

#12

Beitrag von helz »

so einen blödsinn hatte ich auch ständig mit der RD berlin und dem forderungsmanagment.
das jobcenter kriegte nicht gebacken, das teile der rückforderungen auf sohnis konto beim forderungsmanagment gebucht werden mußte und teile auf meinem konto (warum 2 konten habe ich nie verstanden, weil es um rückforderungen an eine bedarfsgemeinschaft ging) … das ganz "flog" quasi nach einem jahr rückzahlungen per einbehaltung durch das jobcenter auf. also die unfähigkeit des jobcenters das entsprechend zu verteilen.
und als meine schuld getilgt war, überwiesen sie noch fröhlich auf mein konto beim forderungsmanagment, welches im april 2012 plötzlich ein plus auswies.

und dann hatte das forderungsmanagment ein computerproblem, welches wieder zu einem forderungsschreiben führte.

alles immer direkt an den herrn sohn.,
nicht auszudenken, wenn der das aus dem briefkasten gefischt hätte.

in der freien wirtschaft wären diese leute alle arbeitslos!
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marsupilami
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#13

Beitrag von marsupilami »

Und die IT-Firma, die die Buchungssoftware erstellt hätte, hätte ebenfalls ein Problem.
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#14

Beitrag von tigerlaw »

helz hat geschrieben:so einen blödsinn hatte ich auch ständig mit der RD berlin und dem forderungsmanagment.
das jobcenter kriegte nicht gebacken, das teile der rückforderungen auf sohnis konto beim forderungsmanagment gebucht werden mußte und teile auf meinem konto (warum 2 konten habe ich nie verstanden, weil es um rückforderungen an eine bedarfsgemeinschaft ging) …
Doch doch, das ist schon richtig so: Denn "Die Bedarfsgemeinschaft" (als quasi eigene Persönlichkeit) gibt es gar nicht, sondern nur die einzelnen Mitglieder als jeweils eigenständige Rechteinhaber. Deshalb erfolgen Rückforderungen auch dezidiert an jede einzelne Person; alles andere wäre grob rechtswidrig.

Und somit gibt es auch zwei Konten.

Nur die entsprechende Verteilung von Verrechnungen auf die einzelnen Konten - das muß m.E. das JC "vor Ort" vornehmen.
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
Christoph
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#15

Beitrag von Christoph »

Und anschließend zum Anwalt gehen und nen Widerspruch gegen die Mahngebühren schreiben lassen, das kostet die BA richtig Geld und das zahlen die auch anstandslos.
Der Widerspruchsbescheid geht problemlos durch, nur bei den Kosten werden die zickig, man verstehe überhaupt nicht, wieso man wegen so einer Kleinigkeit einen Anwalt beauftragen müsse.

Irgendwas läuft da in letzter Zeit gehörig schief in der Zusammenarbeit zwischen JC und RD.
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kleinchaos
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#16

Beitrag von kleinchaos »

Ist bei uns jetzt echt doof im JC. Wollte mir den Termin für Dienstag im Kalender eintragen. Druckt die mir das doch extra aus! Ich: das hätten Sie sich jetzt sparen können, ich schreibs grad ein. Sie: nein, Sie müssen die Einladung mitbringen, sonst kommen Sie nicht in die Wartezone.

Haha, ich werd am Dienstag so tun als ob ich die vergessen hab. Mal sehen was passiert
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#17

Beitrag von Günter »

Also haben wir noch 3 Tage Zeit um in Ruhe zu suchen. :gunni:
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Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#18

Beitrag von kleinchaos »

Koelsch hat mir ja ein Urteil geschickt. Das bezog sich allerdings auf die Zeit vor der Gesetzesänderung.

Allerdings ist der Kommentar von Berlit schon interessant für die derzeitige Situation. Und auf jeden Fall ne gute Argumentation wenn ich vors SG ziehe wegen der Kaution und den Umzugskosten
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#19

Beitrag von Koelsch »

Das Urteil http://www.alg-ratgeber.de/f30t9737-bsg ... hnung.html

und hier der Kommentar von Berlit dazu (danke an Norbert Hermann):

Anmerkung zu: BSG 4. Senat, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 26/10 R



Autor: Prof. Dr. Uwe Berlit, Vors. RiBVerwG

Erscheinungsdatum: 06.09.2012


Quelle: juris


Normen: § 51 SGB 1, § 54 SGB 1, § 46 SGB 1, § 119 BGB, § 123 BGB, § 142 BGB, § 24 SGB 2, § 27 SGB 2, § 22 SGB 2, Art 100 GG, § 23 SGB 2, § 39 SGB 2, § 52 SGB 1, § 41 SGB 2, § 42a SGB 2, § 43 SGB 2, § 44 SGB 10

Fundstelle: jurisPR-SozR 18/2012 Anm. 1

Herausgeber: Prof. Dr. Thomas Voelzke, Vors. RiBSG

Prof. Dr. Rainer Schlegel, Ministerialdirektor, Bundesministerium für Arbeit und Soziales



Unzulässige Aufrechnung zur Tilgung eines Mietkautionsdarlehens


Leitsatz


Der Grundsicherungsträger kann eine Berechtigung zur Tilgung eines Mietkautionsdarlehens aus der laufenden Regelleistung weder unter dem Gesichtspunkt der Aufrechnung noch aus einer von ihm vorformulierten und erwirkten (Verzichts-)Erklärung des Leistungsberechtigten ableiten.

A.

Problemstellung

Durfte ein Grundsicherungsträger nach dem bis zum 31.03.2011 geltenden Recht ein Mietkautionsdarlehen durch Auf- oder Verrechnung mit den laufenden Grundsicherungsleistungen ratenweise tilgen?

B.

Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Ein alleinstehender Leistungsberechtigter beantragte wegen eines Umzuges die Übernahme einer Mietkaution (639 Euro) für die neue Wohnung als rückzahlbares Darlehen. Er unterzeichnete einen vom Grundsicherungsträger vorformulierten Vordruck, wonach er seine Rechte aus dem Anspruch aus der Mietkaution gegenüber seinem Vermieter an den Grundsicherungsträger abtrete. Der Vordruck enthielt weiterhin die Erklärung, wonach das Darlehen in Anlehnung an § 23 Abs. 1 SGB II durch monatliche Raten in Höhe von mindestens 10% der für die Bedarfsgemeinschaft zu zahlenden Regelleistung zu tilgen sei und der Gesamtbetrag in einer Summe fällig werde, wenn diese monatliche Tilgung nicht geleistet werde. Die Mietkaution wurde mit dieser Maßgabe bewilligt und die Einbehaltungsrate auf zunächst 35 Euro/mtl. festgesetzt. Bei der nachfolgenden Leistungsbewilligung wurde zunächst dieser Betrag einbehalten, der in der Folgezeit auf 5% der Regelleistung (17 Euro) abgesenkt wurde.

Gegenüber dem Widerspruch des Leistungsberechtigten machte der Leistungsträger geltend, die Einbehaltung von 10% bzw. 5% der laufend gewährten Leistungen sei angemessen und verhältnismäßig, weil der belastenden Wirkung der Einbehaltung das Interesse des Sozialleistungsträgers an einer möglichst zeitnahen Rückführung von Darlehen und der Grundsatz der steuersparsamen Mittelverwendung gegenüberstünden; der Verzicht auf jegliche Einbehaltung käme in einigen Fällen der Bewilligung einer Mietkaution als Zuschuss gleich. Die Vorinstanzen haben den Grundsicherungsträger zur Auszahlung der bewilligten monatlichen Leistungen ohne Einbehaltung von Teilbeträgen zur Tilgung des Darlehens verurteilt. Die Revision des Grundsicherungsträgers hatte keinen Erfolg.

Das BSG sieht für die vorgenommene Tilgung weder in § 51 SGB I noch in § 23 Abs. 1 SGB II (a.F.) analog noch in der bei Antragstellung abgegebenen Erklärung den erforderlichen Rechtsgrund. Eine Aufrechnung nach § 51 Abs. 1 SGB I sei nur möglich, soweit der Anspruch auf die Geldleistung nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sei; dies sei bei den SGB II-Leistungen des Klägers nicht der Fall. § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a.F.) erfasse nach seinem Wortlaut nicht die Mietkaution. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Tilgung eines Darlehens bei einem unabweisbaren, an sich vom Regelbedarf umfassten Bedarf rechtfertige sich aus der „Vorfinanzierung“ einmaliger Bedarfe bei (noch) fehlendem Ansparbetrag, der in der laufenden Regelleistung enthalten sei. Diese Rechtfertigung fehle bei der Mietkaution. Sie werde dem Leistungsberechtigten erst nach Beendigung des Mietverhältnisses von dem Vermieter erstattet; er habe keine Möglichkeit, hierüber zu verfügen und auftretende Bedarfe zu decken. § 42a Abs. 2 SGB II (F. 2011) bewirke hier eine echte Rechtsänderung. § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a.F.) betreffe zudem das verfassungsrechtliche Existenzminimum und sei daher eng auszulegen; die analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a.F.) auf andere Darlehen als solche nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II (a.F.) bewirke die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung bei den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die zumindest einer gesetzlichen Regelung bedürfe. Soweit in der vorformulierten „Abtretungserklärung“ ein Verzicht auf den streitigen Teil der Regelleistung (§ 46 SGB I) liege, könne dieser jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, was hier durch den Widerspruch gegen die Einbehaltung erfolgt wäre.

Das BSG lässt offen, ob ein Verzicht wegen Anfechtung (§§ 119 ff., § 123 BGB) von Anfang an unwirksam (§ 142 BGB) wäre, weil er jedenfalls deswegen unwirksam wäre, weil durch ihn Rechtsvorschriften umgangen würden. Denn es handele sich um den Versuch des Grundsicherungsträgers, unter Absehen von den speziellen Voraussetzungen und Grenzen des SGB I und des SGB II das grundsätzliche Verbot der Aufrechnung bzw. Einbehaltung von existenzsichernden Leistungen zu umgehen; mit dem Verzicht würden die für den streitigen Zeitraum geltenden gesetzgeberischen Wertentscheidungen zur Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unterlaufen.

C.

Kontext der Entscheidung

Für die bis zum 31.03.2011 geltende Rechtslage entspricht das Urteil der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung (SG Detmold v. 16.12.2009 - S 18 (24) AS 88/08; LSG Darmstadt v. 29.01.2008 - L 9 AS 421/07 ER; LSG Darmstadt v. 05.09.2007 - L 6 AS 145/07 ER; LSG Schleswig v. 25.11.2009 - L 6 AS 24/09; LSG Stuttgart v. 06.09.2006 - L 13 AS 3108/06 ER-B; LSG Essen v. 21.08.2007 - L 1 B 37/07 AS; SG Freiburg v. 30.06.2008 - S 6 AS 2426/08 ER; SG Lüneburg v. 16.06.2005 - S 25 AS 251/05 ER) und Schrifttum (vgl. etwa Lang/Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 92a; Berlit in: LPK-SGB II, 3. Aufl., § 22 Rn. 110; Weth, info also 2011, 276; ders., info also 2007, 104) zu § 22 Abs. 3 Satz 3 SGB II (a.F.). Allerdings hatten verschiedene Eingangsgerichte auch vertreten, dass die konkrete Ausgestaltung des Darlehens im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers stehe, eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a.F.) in Betracht komme und es dem Leistungsbezieher jedenfalls nicht verwehrt sei, bestehende Darlehensverbindlichkeiten freiwillig zu tilgen (SG Oldenburg v. 22.06.2011 - S 45 AS 210/09; SG Freiburg v. 31.07.2009 - S 12 AS 2626/07; SG Düsseldorf v. 08.08.2008 - S 28 AS 108/08 ER; SG Schleswig v. 27.05.2008 - S 9 AS 239/08 ER; SG Schleswig v. 18.04.2007 - S 7 AS 287/07 ER; SG Lüneburg v. 28.04.2009 - S 86 AS 589/09 ER). Das hierfür gelegentlich geführte Argument, dies entspreche einem sachgerechten Interessenausgleich, weil der Kautionsrückzahlungsanspruch dem leistungsberechtigten Mieter zustehe, greift indes nur vordergründig. In der Praxis – nach dem Tatbestand auch in dem vom BSG entschiedenen Fall – sichert der Leistungsträger den Darlehensrückzahlungsanspruch dadurch ab, dass er sich den Kautionsrückzahlungsanspruch abtreten lässt; hierzu ist er auch berechtigt (LSG Stuttgart v. 11.01.2006 - L 13 AS 4740/05 ER-B).

Seit dem 01.04.2011 ordnet § 42a Abs. 1 SGB II für alle Darlehen eine ratenweise Tilgung in Höhe von (fix) 10% des maßgebenden Regelbedarfes an, die durch Aufrechnung nach § 43 SGB II erfolgen kann (allg. vgl. Hölzer, info also 2011, 159); hiervon ausgenommen sind nur die Darlehen nach § 24 Abs. 5 und § 27 Abs. 4 SGB II. Aus der Regelung des § 42a Abs. 3 SGB II zur Restschuldfälligkeit ergibt sich eindeutig, dass hiervon auch Mietkautionsdarlehen nach § 22 Abs. 6 SGB II (F. 2011) erfasst sein sollen. Das SG Berlin (v. 30.09.2011 - S 37 AS 24431/11 ER; s.a. Weth, info also 2011, 276) hält bei einem Empfänger eines Mietkautionsdarlehens, der weder über Zusatzeinkommen noch zukunftsnahe Erwerbschancen verfügt, die Regelbedarfskürzung um 10% für mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum unvereinbar; es sei nicht verfassungsgemäß, einen Leistungsempfänger über 20 Monate hinweg auf ein Leistungsniveau zu drücken, das Ansparungen vom oder Ausgleiche im Regelbedarf ausschließt. Es wendet § 42a Abs. 1 SGB II daher im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht an. Im Hauptsacheverfahren bedarf dies der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG (s.a. die Kritik von Bittner in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 42a Rn. 31.1).

Das BSG erwähnt diese Neuregelung nur, ohne sie zu verfassungsrechtlich zu bewerten. Das Argument, dass eine Aufrechnung in entsprechender Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a.F.) die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung bei den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts berge, die „zumindest“ der – nunmehr in den §§ 42a, 43 SGB II geschaffenen – gesetzlichen Regelung bedürfe, weist indes (ergebnisoffen) auf einen gewissen Prüfbedarf. Die Gefahr einer Bedarfsunterdeckung wird dadurch verstärkt, dass seit dem 01.04.2011 ein Darlehen nur noch erbracht werden kann, wenn der Bedarf auch nicht durch den allgemeinen oder den Anschaffungsfreibetrag gedeckt werden kann, der Leistungsberechtigte daher seine nicht für die Altersvorsorge gebundenen Vermögensreserven aufgebraucht haben muss. Auch Putz (SozSich 2012, 194) hält die gesetzliche Aufrechnung von Kautionsdarlehen mit jedenfalls diskussionsbedürftigen Gründen für verfassungswidrig. Das BSG selbst hat auf die Besonderheit des Mietkautionsdarlehens hingewiesen, dass es nicht für einen von der Regelleistung umfassten Bedarf gewährt wird (s.a. LSG Essen v. 22.08.2011 - L 19 AS 796/11 B), durch die Aufrechnung aber auf die zur Existenzsicherung bestimmten laufenden Mittel zugegriffen wird, ohne dass dies durch obliegenheitswidriges oder sonst vorwerfbares Handeln gerechtfertigt wird. Die Begründung des Gesetzentwurfes zur Neuregelung (BT-Drs. 17/3404, S. 116 f.) jedenfalls lässt nicht erkennen, dass sich der Gesetzgeber dieses Problems bewusst gewesen ist.

Zu der Neufassung ist herrschende Meinung, dass der Widerspruch gegen eine Tilgungsbestimmung im Darlehensbescheid aufschiebende Wirkung hat, weil § 39 SGB II auf Aufrechnungen keine Anwendung findet. Die Fälligkeit in der Tilgung eines Darlehens berührt nur den Auszahlungsanspruch, nicht den Leistungsanspruch an sich; die Aufrechnung ist keine Entscheidung über „Leistungen der Grundsicherung“ i.S.v. § 39 Nr. 1 SGB II (LSG Halle (Saale) v. 27.12.2011 - L 5 AS 473/11 B ER). Für die Aufrechnung nach § 43 SGB II ergibt sich aus § 42a Abs. 2 Satz 2 SGB II, dass sie durch Verwaltungsakt zu erklären ist. Auf die durch den Großen Senat des BSG (v. 31.08.2011 - GS 2/10; s.a. Schaer, jurisPR-SozR 7/2012 Anm. 1) zur Verrechnung nach § 52 SGB I bewirkte Klärung ist nicht zurückzugreifen.

Die Höhe der monatlichen Aufrechnung von 36 Euro erschwert jedenfalls im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine obergerichtliche Klärung, weil für den Beschwerdewert nicht auf die Kautionshöhe und damit die Gesamtsumme aller Tilgungsleistungen, sondern auf den Leistungszeitraum von regelmäßig sechs und höchstens zwölf Monaten (§ 41 Abs. 1 Satz 4, 5 SGB II) abzustellen sein soll (LSG Darmstadt v. 26.01.2012 - L 6 AS 676/11 B ER; LSG Schleswig v. 03.09.2010 - L 11 AS 162/10 B).

D.

Auswirkungen für die Praxis

Für die aktuelle Praxis hat das Urteil wegen der zum 01.04.2011 erfolgten Neuregelungen, die indes keine Rückwirkung entfalten, in den §§ 42a , 43 SGB II keine unmittelbare Wirkungen. Erst künftige Rechtsprechung wird ergeben, ob die klare, auch bedarfs„theoretisch“ begründete Absage an eine Ver-/Aufrechnung auf verfassungsrechtliche Zweifel des BSG auch an der Neuregelung weist. Eine gewisse Bedeutung für Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X hat, dass das BSG einen etwaigen Verzicht nicht lediglich als für die Zukunft widerrufen, sondern als „Umgehungsgeschäft“ und damit als von Anbeginn unwirksam gewertet hat.

E.

Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Das BSG sieht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage als zulässige Klageart, weil die bei der Mietkautionsbewilligung festgelegte Tilgungsregelung ebenso wie die Aufrechnung durch Verwaltungsakt vorgenommen worden sei.
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#20

Beitrag von kleinchaos »

Problem bei mir: es sind 11 Monate lang die Kaution zu bezahlen (nicht 20 wie im Berliner Urteil) und ich hab Nebeneinkommen aus Arbeit. Hm, ob das durchgeht?
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#21

Beitrag von Koelsch »

Ich bezweifel, dass jemand, der sich abrackert, schlechter gestellt werden kann als ein reiner ALG II Bezieher mit ohne Nebenverdienst. Das würde den vom Gesetzgeber ja ausdrücklich gewünschten Anreiz, was zu tun, konterkarieren.
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#22

Beitrag von kleinchaos »

Das allerdings wäre, besonders im ALG2-Bereich, nun wirklich nix neues
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
helz

Re: Regionaldirektion - mal wieder

#23

Beitrag von helz »

tigerlaw hat geschrieben:
helz hat geschrieben:so einen blödsinn hatte ich auch ständig mit der RD berlin und dem forderungsmanagment.
das jobcenter kriegte nicht gebacken, das teile der rückforderungen auf sohnis konto beim forderungsmanagment gebucht werden mußte und teile auf meinem konto (warum 2 konten habe ich nie verstanden, weil es um rückforderungen an eine bedarfsgemeinschaft ging) …
Doch doch, das ist schon richtig so: Denn "Die Bedarfsgemeinschaft" (als quasi eigene Persönlichkeit) gibt es gar nicht, sondern nur die einzelnen Mitglieder als jeweils eigenständige Rechteinhaber. Deshalb erfolgen Rückforderungen auch dezidiert an jede einzelne Person; alles andere wäre grob rechtswidrig.

Und somit gibt es auch zwei Konten.

Nur die entsprechende Verteilung von Verrechnungen auf die einzelnen Konten - das muß m.E. das JC "vor Ort" vornehmen.
aber dann sollten die verantwortlichen in den leistungsabteilungen bei einer aufrechnung und monatelangem abzug von den leistungen durchaus in der lage sein, diese kohle korrekt auf alle konten zu verteilen.
bis zur ersten mahnung wußte ich gar nichts von unterschiedlichen konten
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Günter
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Re: Regionaldirektion - mal wieder

#24

Beitrag von Günter »

@ :chaos: Ich würde an deiner Stelle morgen einen Ü-Antrag nach §44 SGB X stellen und gleichzeitig Antrag auf aufschiebende Wirkung sellen. Dann müssen die begründen und wer begründet, der macht Fehler. Schaun wa mal.
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Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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