Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

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Koelsch
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Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#1

Beitrag von Koelsch »

Ich lernte gestern beim Treffen der Anonymen Insolvenzler die für mich bis dahin neue Möglichkeit einer Rückauflassungsvormerkung kennen, und das regte gleich meine "schmutzige" Pfantasie an:

Rückauflassungsvormerkung heißt auf unjuristisch:
Ich übertrag Dir mein Häuschen, aber wenn dies oder das (genau zu definieren) eintritt, dann bekomm ich das wieder, oder dann bekommt's XY
Und jetzt die schmutzige Pfantasie:

Eltern sind alt und greis, haben aber Häuschen, in dem sie wohnen. Sie erklären, aus welchen Günden auch immer
"Kind, wir wollen mit der Hütte nix mehr zu tun haben, wir schenken sie Dir, bleiben aber drin wohnen bis zu unserem Ende."

So weit so klar, aber
  1. Kind ist in ALG II Bezug.
    • JC jubelt natürlich, toll diese Schenkung ist Einkommen und wird angerechnet. (Man kann auch Häuser mit lebenslangem Wohnrecht verkaufen
  2. Kind fällt nach der Schenkung in ALG II
    • JC jubelt natürlich, toll dieses Haus ist verwertbares Vermögen und wird angerechnet. (Man kann auch Häuser mit lebenslangem Wohnrecht verkaufen
Die alten greisen Eltern aber sind nich blöd und lassen die genannte Rückauflassungsvormerkung ins Grundbuch eintragen. darin steht auf unjuristisch
  • Das Häuschen bleibt im Eigentum des Beschenkten bzw. seiner Erben
    • Er darf es nur zweckgebunden beleihen, um z.B. Reparaturen und Modernisierungen durchzuführen
    • Er darf es nicht verscherbeln
    • Es dürfen keine Belastungen ins Grundbuch eingetragen werden, die einen Eigentumsübergang an Dritte bewirken würden
  • Sind der Beschenke oder seine Erben nicht brav
    • Fällt das Häuschen an uns alte Leute zurück
    • Sollte dies aus beerdigungstechnischen Gründen nicht mehr möglich sein, so fällt das Häuschen an den "Ich-helf-ganz-viel e.V."
Und damit, so denke ich, würden JC/Gruselamt auf jeden Fall in dieses lange, runde Hohlteil gucken :baeh: :baeh: , auch dann wenn sie im Gruselfall z.B. nach § 102 SGB XII an die Erben heranträten (Der praktisch gleichlautende § 35 SGB II wurde ja vor einiger Zeit ersatzlos gestrichen).

Fraglich erscheint mir dann aber auch, ob das Gruselamt dann tatsächlich den Übergang an "Ich-helf-ganz-viel e.V." erzwingen könnte. Denn der einzige Grund könnte doch nur "Rache" sein: "Wenn wir schon nicht ans Häuschen kommen, dann sollst Du aber auch nicht dran kommen."

Nicht berührt davon sind natürlich die Fälle, in denen die Erben neben dem Häuschen genug Einkommen/Vermögen haben und daher nach § 102 SGB XII zur Kasse gebeten werden können
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Olivia
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#2

Beitrag von Olivia »

Das Rechtsinstitut der Vormerkung gehört zu den umstrittensten Rechtsgebieten im Sachenrecht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass sich die Vormerkung nicht in das vorhandene Rechtssystem einordnen lässt. Über die Rechtsnatur der Vormerkung herrscht in der Rechtswissenschaft Streit.
Wenn schon die Vormerkung umstritten ist, dann wird es eine Rückauflassungsvormerkung mit der Grundsicherungsstelle, den Erblassern, einem Verein als möglicherweise begünstigten Dritten und dem Betroffenen erst recht sein. Die vier Beteiligten stehen dann in einem "Vierecksverhältnis" mit jeweils völlig konträren Interessen.
Die Vormerkung ist die einzige vorläufige Eintragung, die lediglich für relativ kurze Zeit im Grundbuch verweilt. Tritt die mit ihr bezweckte dingliche Rechtsänderung ein, ist die Vormerkung wieder zu löschen.
Eine Rückauflassungsvormerkung verweilt wahrscheinlich mehrere oder sogar viele Jahre im Grundbuch. Macht die Sache nicht einfacher.
Der Vormerkungsberechtigte kann von dem Dritten die Zustimmung zur Löschung dieser Eintragung verlangen.
Kann die Grundsicherungsstelle eventuell die Zustimmung zur Löschung vom Leistungsberechtigten verlangen? Wahrscheinlich werden sie alles versuchen, die Rückauflassungsvormerkung zu entwerten und ungültig zu machen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Vormerkung
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Koelsch
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#3

Beitrag von Koelsch »

Ich gehe auch davon aus, dass JC/Gruselamt nur eingeschränkt begeistert von einer derartigen Konstruktion wären.

Gestern bei den Anonymen ging es natürlich um einen möglicherweise bevorstehenden Insofall - und da war man durchaus der Ansicht mit der Vormerkung wird der Insoverwalter bzgl. Häuschen in die Röhre gucken. Da kommt er nicht ran.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Olivia
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#4

Beitrag von Olivia »

Warum muss das Häuschen im Fall der Fälle an einen Verein fallen? Was spricht dagegen, es zu diesem Zeitpunkt endgültig dem Leistungsberechtigten zufallen zu lassen? Wenn der in das Häuschen sofort einzieht, ist es nicht mehr verwertbar und gilt als Schonvermögen!
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Günter
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#5

Beitrag von Günter »

Fraglich erscheint mir dann aber auch, ob das Gruselamt dann tatsächlich den Übergang an "Ich-helf-ganz-viel e.V." erzwingen könnte. Denn der einzige Grund könnte doch nur "Rache" sein: "Wenn wir schon nicht ans Häuschen kommen, dann sollst Du aber auch nicht dran komme
Ich denke ein geschickter Notar kann auch eine juristisch einwandfreie Klausel einbauen, die da sinngem. lautet. Der Beschenkte ist eingeschränkt über das Eigentum im Sinne der §..... - §..... des Schenkungsvertrages verfügungsberechtigt, kann aber nicht durch Handlungen Dritter in der Form enteignet werden, dass man ihn zwingt das Eigentum an den "Ich-helf-ganz-viel e.V." weiter zu übertragen. Der Beschenkte bleibt Eigentümer, solange er nicht gegen die Vertragsverfügungen verstößt.

Juristen entwickeln da gaaaaaaanz viel Fantasie.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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marsupilami
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#6

Beitrag von marsupilami »

Olivia hat geschrieben: Fr 21. Sep 2018, 12:22 Warum muss das Häuschen im Fall der Fälle an einen Verein fallen? Was spricht dagegen, es zu diesem Zeitpunkt endgültig dem Leistungsberechtigten zufallen zu lassen? Wenn der in das Häuschen sofort einzieht, ist es nicht mehr verwertbar und gilt als Schonvermögen!
Olivia, da hast Du - vermutlich - was in den falschen Hals bekommen.
Häuschen geht nur dann an den Verein, wenn der Erbe/Beschenkte nicht im Sinne der Erblasser/Schenker handelt und z.B. Häuschen verkauft aus Jux und Dollerei.

Und was das Schonvermögen angeht: wie hoch war das nochmal?
Und wie war das mit der angemessenen Wohnung nochmal?


Grundsätzlich ist das sicher eine Möglichkeit.
Der/die Betroffene muß halt seinen Eltern die Sache erklären, die müssen den Eintrag machen (lassen) und kostet es halt Nerven, dem Gezicke von JC/Gruselamt standzuhalten.
Wenn sich das schon die Rechtsgelehrten uneinig sind, könnte das auf einen jahrelangen Rechtsstreit hinauslaufen, dessen Ende u.U. selbst der Nutznießer nicht erlebt.

Und vermutlich wird sich auch ein JC/Gruselamt wehren, Leistungen zu erbringen, solange dieser Rechtsstreit nicht geklärt ist.


Was für mich zusätzlich belastend für den Nachfolger hinzukommt: wenn die Eltern das gebaut/gekauft haben, ist das garantiert nicht mehr das Neueste und auch die Haustechnik nicht unbedingt auf dem neuesten Stand.

Wenn da Reparaturen anfallen, wovon will der Delinquent das bezahlen?
Hypothek aufnehmen kann er vergessen - da zicken JC/Gruselamt garantiert gleich herum von wg. bereitstehenden Mitteln.


Nachtrag:
abgesehen von allem: der Schwabe fragt latürnich: was koschtet das?
Grundbucheinträge sind nicht kostenlos und müssen von einem Notar gebucht werden, der für seine Dienst auch was verlangt.
Ist denn soviel Geld flüssig, dass der vorgesehene Nutznießer eben nicht belastet wird, wenn er eh schon am Hungertuch nagt bzw. am Tropf vom JC hängt?
Signatur?
Muss das sein?
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tigerlaw
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#7

Beitrag von tigerlaw »

marsupilami hat geschrieben: Fr 21. Sep 2018, 13:06 [(...)
Nachtrag:
abgesehen von allem: der Schwabe fragt latürnich: was koschtet das?
Grundbucheinträge sind nicht kostenlos und müssen von einem Notar gebucht werden, der für seine Dienst auch was verlangt.
Ist denn soviel Geld flüssig, dass der vorgesehene Nutznießer eben nicht belastet wird, wenn er eh schon am Hungertuch nagt bzw. am Tropf vom JC hängt?
Wenn das in einem Aufwasch erfolgt, dürfte keine (oder allenfalls geringe) Steigerung der Gebühren anfallen. Und die Gebührentabellen der Notare und Grundbuchämter sind erheblich niedriger als bei Anwälten!
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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Günter
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#8

Beitrag von Günter »

Wenn da Reparaturen anfallen, wovon will der Delinquent das bezahlen?
Hypothek aufnehmen kann er vergessen - da zicken JC/Gruselamt garantiert gleich herum von wg. bereitstehenden Mitteln.
Stimmt so nicht, wenn der Betroffene in das Häuschen zieht, hat das JC die notwendigen Reparaturen an der Backe. Bei Hypotheken stellt sich die Frage wie bezahlen.

Wohnste drin, alles klar JC zahlt Reparaturen, aber wenn du nicht drin wohnst, dann hast du vermutlich Mieteinnahmen (außer die Eltern haben kostenloses Wohnrecht) Dann sind die Reparaturen und damit verbunden die Tilgung der Hypothek erforderliche Kosten zur Erzielung der Miete und damit von den Einnahmen absetzbar.

So oder so, das JC wird schäumen aber das haben die umsonst.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
Olivia
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#9

Beitrag von Olivia »

Günter hat geschrieben: Fr 21. Sep 2018, 15:13 wenn du nicht in dem Häuschen drin wohnst, dann hast du vermutlich Mieteinnahmen (außer die Eltern haben kostenloses Wohnrecht)
Falls die Mieteinnahmen nicht ausreichen, hätte man Anspruch auf ergänzendes ALG II. Auch eine interessante Konstruktion.
So oder so, das JC wird schäumen aber das haben die umsonst.
Ergänzendes ALG II würden sie bestimmt nicht gerne zahlen wollen.
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tigerlaw
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#10

Beitrag von tigerlaw »

Olivia hat geschrieben: Fr 21. Sep 2018, 15:45
Günter hat geschrieben: Fr 21. Sep 2018, 15:13 wenn du nicht in dem Häuschen drin wohnst, dann hast du vermutlich Mieteinnahmen (außer die Eltern haben kostenloses Wohnrecht)
Falls die Mieteinnahmen nicht ausreichen, hätte man Anspruch auf ergänzendes ALG II. Auch eine interessante Konstruktion.
So oder so, das JC wird schäumen aber das haben die umsonst.
Ergänzendes ALG II würden sie bestimmt nicht gerne zahlen wollen.
Nee, Olivia, dann freut sich JC erst recht, denn dann ist das Haus "normales" Vermögen. X * 150 € (ggf. * 2) + (2 *) 750 € dürfte bei weitem nicht den Verkehrswert der Immobilie erreichen. Also gibt es nur eine Chance: Vermieten. Und wenn man davon halbwegs leben will, ist man - andere Perspektive - ein raffgieriger Spekulant ... :gaga:
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
Olivia
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#11

Beitrag von Olivia »

Na ja, ich hatte den Gedankengang weitergesponnen: Haus wird verschenkt mit dieser "Rückauflassungsvormerkung" belastet. Eltern ziehen aus. Vermögen ist wegen der Rückauflassungsvormerkung nicht verwertbar. Denn die Rückauflassungsvorerkung wirkt als "Verkaufssperre". Nicht verwertbares Vermögen kann nicht angerechnet werden. Das Haus wird vermietet, die Mieteinnahmen reichen aber nicht vollständig zum Leben = somit ergänzender ALG II-Anspruch. Dass dem JC das nicht gefallen dürfte, liegt auf der Hand!
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tigerlaw
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Re: Zum Denken - Rückauflassungsvormerkung

#12

Beitrag von tigerlaw »

Doch, da ist schon Logik hinter; das Problem der Unverwertbarkeit habe ich übersehen :brilleputzen1: ...
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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