ALG I mit ALG II aufstocken

Rund ums Arbeitslosengeld und die Agentur für Arbeit
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Tantrix
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ALG I mit ALG II aufstocken

#1

Beitrag von Tantrix »

Hallo zusammen,
ein junger Mann bezieht ALG I und merkt dann nach 3 Monaten, dass er seine Miete nicht mehr bezahlen kann. Er geht zur Agentur für Arbeit und dort sagt man ihm, dass er aufstockend ALG II beantragen kann. Es entstand ein Mietrückstand von 2 Monatsmieten. Gilt das Datum des ALG I Antrags nicht gleichzeitig auch als Datum für den ALG II Antrag? Oder muss man ihm nicht mindestens ein Darlehen gewähren?

Danke für Eure Hilfe.

LG

Tantrix
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kleinchaos
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#2

Beitrag von kleinchaos »

Bin mir nicht ganz sicher.
Aber ALG 2 wird auch erst nach Antrag gezahlt. Wenn er Wohngeld beantragt hätte, dann hätten die abgelehnt und ihm gesagt er soll zum JC gehen, weil das Wohngeld zu niedrig wäre und den Bedarf unterdecken würde.

ALG 1 ist eine Versichertenleistung, also ein ganz anderer Topf als bei ALG 2.

Er soll umgehend den Antrag auf ALG 2 stellen. Noch am Montag! Formulare runterladen und ausfüllen, am besten noch am WE per Fax hinschicken. Er wird den Antrag nämlich bestimmt nicht los am Montag, weil die fast überall nur Termine dafür vergeben. Wenn Unterlagen fehlen melden die sich dann schon. Wichtig ist die Antragstellung noch in diesem Monat, dann bekommt er für den ganzen September nachgezahlt.

Gleichzeitig mit dem Antrag einen Antrag auf Darlehen wegen Mietschulden stellen. Das geht erstmal formlos, da kommen die eh noch auf ihn zurück.
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
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Koelsch
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#3

Beitrag von Koelsch »

Wenn kein Fax, einfach mit einem Zeugen beim JC in den Briefkasten werfen. Zeuge bestätigt Einwurf auf einer Kopie. Der Antrag muss nicht mal vollständig sein, wichtig ist erst mal, dass er gestellt wird. Und wie kc sagte, auf jeden Fall noch in diesem Monat.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Tantrix
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#4

Beitrag von Tantrix »

Danke für die schnellen Anrworten,
ALG II läuft jetzt. Darlehen für die Mietschuld wird ihm verweigert. Wäre das nicht ein muss?
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kleinchaos
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#5

Beitrag von kleinchaos »

Ein Muss, also eine Entscheidung ohne Ermessen, wäre es dann, wenn bereits eine Kündigung angedroht wird. Aber auch dann sind manche Gerichte von einer Eilbedürftgkeit nicht überzeugt und stimmen erst bei vorhandener Räumungsklage für ein Darlehen.
Also ein recht breiter Spielraum für Sofortschikanen und die erste Lehrstunde in Sachen Armut und Jobcenter
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Koelsch
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#6

Beitrag von Koelsch »

Nach meiner Meinung muss da ein Darlehen gewährt werden. 2 Monate Rückstand = Grund zur fristlosen Kündigung. Damit ist das nach meiner Meinung ein Fall des § 22 Abs. 8 SGB II.

JC wird aber vermutlich sagen, es liegt ja noch keine Kündigung vor, also ist die Wohnung nicht gefährdet. Hilfreich wäre es vielleicht, ein verständiger Vermieter vorausgesetzt, wenn der ein gar fröhlich Schreiben verfassen würde: "Entweder ich hab bis zum ....... meine Kohle, oder Du hast fristlose Kündigung."
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Tantrix
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#7

Beitrag von Tantrix »

Gerade habe ich mit dem Herrn telefoniert und herausgefunden.
Beschäftigt bei der Firma seit März 2013 AZAD Import Export ca. 1450,00€ Brutto. Hat für die Monate März und April 2014 kein Geld mehr bekommen. Hat Gehaltsabrechnungen bis incl. Februar 2014. Chef ist unauffindbar. Insolvent.
Agentur für Arbeit möchte das Kündigungsschreiben vom Chef sehen. Kann es aber nicht mehr geben. Erst im Juni hat er den Bescheid ALG I "Vorläufig nur 500,-€" bekommen. Er hat einen höheren Betrag erwartet. Er hat dann auch im Juni ALG II beantragt. Gilt auch hier die 6 Monatsfrist weil ihm eine andere Sozialleistung nicht gewähr wird?
Er konnte doch nicht wissen, dass er nur 500,-€ bekommt.
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Günter
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#8

Beitrag von Günter »

Was ist mit Insolvenzausfallgeld?

Muss die BA für die Zeit als er ohne Lohn gearbeitet hat bezahlen.

Welche Gesellschaftsform hatte der AG, eventuell Strafanzeige wegen Insolvenzverschleppung.
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Koelsch
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#9

Beitrag von Koelsch »

Was steht denn im ALG II Bescheid von Juni?
Nach meiner Meinung hat er ab Juni dann durchgängig Anspruch auf ALG II, außer die hätte überzeugend begründet, warum kürzerer BWZ. Und selbst dagegen wäre immer noch Ü-Antrag möglich.
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kleinchaos
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#10

Beitrag von kleinchaos »

Wenn der AG (wegen nicht mehr da) keine Lohnbescheinigung ausstellen kann/will, dann müssen auch die monatlichen Lohnnachweise anerkannt werden zur Berechnung von ALG 1, sofern ihm das zusteht.
ALG 2 wird bei Bedürftigkeit gewährt, die muss nachgewiesen werden mittel Kontoauszügen etc.
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Günter
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#11

Beitrag von Günter »

Hat für die Monate März und April 2014 kein Geld mehr bekommen. Hat Gehaltsabrechnungen bis incl. Februar 2014. Chef ist unauffindbar. Insolvent.
Antrag auf Insolvenzausfallgeld!!!! Wenn er gearbeitet hat oder auch nicht, denn er ist ja nicht gekündigt, er hat seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, aber mangels Anweisungen vom getürmten Chef hat nix tun können, also Insolvenzausfallgeld. Die Schnarchnasen sind ihrer Beratungspflicht nicht nachgekommen.
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Günter
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#12

Beitrag von Günter »

Insolvenzgeld wird für maximal drei Monate bezahlt. Bezahlt werden die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dessen Abweisung. Hat das Unternehmen keine Beantragung auf Insolvenz gestellt, aber auch keine Gehälter bezahlt, so muss die zuständige Agentur für Arbeit den Antrag auf Insolvenzgeld prüfen und feststellen, ob ein Insolvenzereignis vorliegt. Eine der Voraussetzungen ist, dass die betriebliche Tätigkeit des Unternehmens eingestellt ist.

http://www.insolvenzausfallgeld.net/
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tigerlaw
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#13

Beitrag von tigerlaw »

ACHTUNG, Anragsfrist beachten, 2 Monate gem § 324 III SGB III !!!
§ 324
Antrag vor Leistung

(1) Leistungen der Arbeitsförderung werden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Zur Vermeidung unbilliger Härten kann die Agentur für Arbeit eine verspätete Antragstellung zulassen.

(2) Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld und Arbeitslosengeld können auch nachträglich beantragt werden. Kurzarbeitergeld und ergänzende Leistungen nach § 102 sind nachträglich zu beantragen.

(3) Insolvenzgeld ist abweichend von Absatz 1 Satz 1 innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis zu beantragen. Wurde die Frist aus nicht selbst zu vertretenden Gründen versäumt, wird Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt worden ist. Ein selbst zu vertretender Grund liegt vor, wenn sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung ihrer Ansprüche bemüht haben.
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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Günter
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Re: ALG I mit ALG II aufstocken

#14

Beitrag von Günter »

Wegen Falschberatung ist eventuell ein Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch möglich
Zweck[Bearbeiten]
Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist darauf gerichtet, Pflichtverletzungen eines sozialen Leistungsträgers insbesondere aus dessen Verpflichtung zur Aufklärung (§ 13 SGB I), zur Beratung (§ 14 SGB I) und zur Erteilung von Auskünften (§ 15 SGB I) auszugleichen. Erwächst dem Bürger ein Nachteil, weil er von einer Sozialbehörde falsch oder unvollständig beraten worden ist, so kann er unter den Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen, so gestellt zu werden, wie er stehen würde, wenn die Behörde sich rechtmäßig verhalten hätte. Die Sozialleistungsträger haben bei ihrer Tätigkeit sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden (§ 2 Abs. 2 HS. 2 SGB I).
http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialrech ... gsanspruch

Schließlich ist der Bürger kein wandelndes Gesetzbuch.
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