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BGH - III ZR 466/16 - Zum Umfang der Beratungspflicht von Sozialbehörden

Verfasst: Do 2. Aug 2018, 19:46
von Koelsch
Sozialhilfeträger sind verpflichtet, Bürger auf etwaige Ansprüche, die sie nicht beantragt haben, hinzuweisen, sofern es dafür Anhaltspunkte gibt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag entschieden und den Fall eines schwerbehinderten Mannes, der vom Sozialamt wegen fehlender Beratung Schadensersatz in Höhe von über 50.000 Euro verlangte, an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urt. v. 02.08.2018, Az. III ZR 466/16).

Quelle: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... gspflicht/

Urteil noch nicht veröffentlicht.

Re: BGH - III ZR 466/16 - Beratungspflicht von Sozialbehörden

Verfasst: Mo 10. Sep 2018, 08:48
von Koelsch
Hier das frisch veröffentlichte Urteil: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... f&nr=87298

BGH - III ZR 466/16 - Zum Umfang der Beratungspflicht

Verfasst: Mo 25. Mär 2019, 11:07
von Koelsch
Aus dem Nuewsletter von Harald Thome
Der BGH hat in einem wirklich bedeutsamen Urteil deutlich auf die Beratungspflicht von Sozialleistungsträgern hingewiesen. Der Kläger, ein Mann, der mit seiner Behinderung eigentlich eine Erwerbsminderungsrente hätte bekommen müssen. Die Rente hatte er wegen lückenhafter Beratung beim Sozialamt aber nicht beantragt. Stattdessen beantragte er nur die deutlich niedrigere Grundsicherung. Seit dem Jahre 2004 seien ihm dadurch mehr als 50.000 € entgangen. Der Bundesgerichtshof sprach dem Kläger nun gemäß § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG (Amtshaftungsanspruch) Schadensersatz zu.
Als Begründung führte der BGH aus: https://tinyurl.com/y9cu5a9w

Dieses Urteil ist meiner Meinung nach ziemlich bedeutsam, weil es klar und eindeutig ist und vom obersten Gericht getroffen wurde. Ich weise darauf hin, dass im SGB II sogar noch eine verschärfte Beratungspflicht besteht, da dort seit 1.8.2016 ein erweiterter Beratungsanspruch in § 14 Abs. 2 SGB II normiert wurde, der sich zudem am Empfängerhorizont zu orientieren hat (§ 14 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Der Gesetzgeber macht die (Spontan)Beratung zur SGB II – Leistung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) und bringt damit zum Ausdruck, dass SGB II-Bezieher*innen noch mehr und erweitert zur SGB I-Beratung von den Jobcentern zu beraten sind. Die Konsequenz hat der BGH in seinem Urteil aufgezeigt. Wenn, verursacht durch unterlassenes Behördenhandeln, Leistungsbeziehenden wirtschaftliche Schäden entstanden sind, hat die Behörde zu haften.
Daher ein in der Klarheit absolut zu begrüßendes Urteil!
Ich empfehle einfach mal allen NL-LeserInnen, die Urteilsbegründung durchzulesen, es macht Spaß und ist wichtig!