Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

Hilfe bei Fragen rund um Miete, Heizkosten etc. beim ALG II nach § 22 SGB II.
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kleinchaos
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Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

#1

Beitrag von kleinchaos »

Hier mal eine Neverending-Story.

ELB hat eine etwas zu große Wohnung. Dauerstudentin mit vielen Krankkheitssemestern dazwischen, Studenten-WG sollte die Kosten niedrig halten. Untermieter war schnell gefunden. Seit über 2 Jahren zahlt der wiederum keine Miete und auch keine anteiligen Heizkosten. Er ist auch Leistungsempfänger beim Jobcenter.
Nach viel Hin und Her zahlt das JC die Grundmiete und die kalten BK an den Hauptvermieter, inkl eines Teils der Mietschulden. Nämlich die, die die Hauptmieterin nun nicht mehr zahlen konnte. Sie bleibt also auf seinen Schulden sitzen.

Nun aber gehts um die Kosten für Heizung und Warmwasser. Sie hat beantragt, die als ihren Bedarf anzuerkennen. Wurde abgelehnt. Sie hat beantragt, dass die Heizkosten für den Untermieter an sie abgetreten werden, wurde abgelehnt, weil es angeblich keine rechtliche Grundlage dafür gäbe. Bei der Jahresabrechnung bekommt sie auch nur ihren Anteil der Nachforderung erstattet.

Ich bin der Meinung, dass das JC hier die Heizkosten an sie auszahlen muss. Grundlage dafür wäre der § 22 Absatz 7 SGB II. Gegen die Ablehnung hatte sie die Widerspruchsfrist versäumt, wir haben nun Überprüfungsantrag gestellt.

Sie hat zwar einen Titel und könnte ihn zwangsräumen lassen, aber dafür fehlt ihr das Geld. PKH dafür wurde abgelehnt
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kleinchaos
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Re: Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

#2

Beitrag von kleinchaos »

Anderweitig leihen ist schwierig, Eltern können nicht belastet werden, die kleine Rente reicht gradeso zum Überleben.

Gasvertrag musste sie selber machen beim Versorger, Gasetagenheizung mit Therme in der Wohnung.

JC zahlt seinen Anteil an der Kaltmiete und den kalten BK an den Hauptvermieter. Sie überweist ihren Anteil stets pünktlich an den Vermieter
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Koelsch
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Re: Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

#3

Beitrag von Koelsch »

Richtig, im "Innenverhältnis" ist die Hauptmnieterin Vermieterin des Untermieters und daher anspruchsberechtigt nach § 22 Abs. 7 SGB II und dort Satz 2

Im Münder Kommentar (SGB II § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung - Uwe-Dietmar Berlit in Münder, Sozialgesetzbuch II
6. Auflage 2017 Rn. 232-236) heißt es zu dem Thema:
12.2 Direktauszahlung ohne/gegen den Willen des Leistungsberechtigten – Satz 2 und 3
232 Eine Direktauszahlung an Dritte (Vermieter/andere Empfangsberechtigte) gegen oder ohne den Willen des Leistungsberechtigten nach Satz 2 setzt konkrete Zweifel an einer zweckkonformen Verwendung der Leistungen durch den Leistungsberechtigten voraus. Bestehen solche Zweifel, hat im Regelfall („soll“) eine Direktauszahlung zu erfolgen; hierauf darf dann nur noch in atypischen Einzelfällen verzichtet werden. Diese Voraussetzungen sind restriktiv auszulegen, um der Gefahr einer Entmündigung vorzubeugen (LSG Bln-Bbg 24.5.2006 – L 5 B 147/06 AS ER). Das Vermieterinteresse an gesicherten Mietzahlungen reicht nicht (BayLSG 11.7.2006 – L 11 AS 113/05). Eine nachträgliche Mietminderung kann berechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Leistungsempfängers hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung der Leistungen vertiefen (LSG BW 21.10.2011 – L 12 AS 2016/11, FEVS 63, 558). Die Generalklausel (Satz 2) wird für die praktisch wichtigsten Anwendungsfälle durch die – nicht abschließenden („insbesondere“) – Regelbeispiele nach Satz 3 konkretisiert, die zugleich eine hinreichende normenklare Ermächtigung für den Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Leistungsberechtigten schaffen (sollen), der mit der Direktüberweisung verbunden ist (BT-Dr. 17/3404, 98 f.).

233 Die (konkrete) Gefahr nicht zweckkonformer Verwendung von Leistungen besteht bei erheblichen Mietrückständen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) berechtigen (Nr. 1) (s.a. BayLSG 13.4.2010 – L 7 AS 161/10 B ER). Nicht erforderlich ist, dass der Vermieter eine Kündigung bereits angedroht oder gar ausgesprochen hat. Die Direktauszahlungsberechtigung nach Nr. 1 besteht nur, wenn und solange die (erheblichen) Mietrückstände fortbestehen; wird der Vermieter durch den Leistungsberechtigten selbst vorher befriedigt, ist auch die Kündigung ausgeschlossen (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ist BGB). Ist es in der jüngeren Vergangenheit ohne besonderen Grund indes wiederholt zu Situationen nach Satz 3 Nr. 1 oder gar einer Schuldenübernahme nach Abs. 8 gekommen, kann eine Direktauszahlung nach Satz 2 in Betracht kommen.

234 Nr. 2 enthält eine Direktauszahlungsermächtigung bei erheblichen Energiekostenrückständen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigten. Auch hier muss die Unterbrechung nicht schon angedroht oder erfolgt sein.

235 Der Leistungsträger ist zur Direktüberweisung auch in Fällen der persönlichen Ungeeignetheit des Leistungsberechtigten zur zweckkonformen Mittelverwendung berechtigt, wenn diese auf dessen krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen zurückzuführen ist (s.a. BayLSG 27.7.2005 – L 11 B 227/05 AS ER; SG Düsseldorf 20.2.2007 – S 29 AS 258/06 ER). Für das suchtbedingte Unvermögen wird auf die Konkretisierung in § 24 Abs. 2 verwiesen (s. → § 24 Rn 19 ff.). Der Fall bloß unwirtschaftlichen Verhaltens, das in Extremfällen aber nach Satz 2 beachtlich sein kann, ist nicht ausdrücklich genannt. Für das krankheits- oder suchtbedingte Unvermögen müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen; sie können auch aus wiederholten Zahlungsrückständen folgen, die nach Nr. 1 oder 2 noch nicht oder nicht mehr die Direktauskehrung rechtfertigen, soweit diese auf Sucht oder Krankheit zurückzuführen sind. Nr. 3 erfasst nicht bloßen Unwillen oder wirtschaftliche Inkompetenz ohne Krankheitswert.

236 Bei einer Eintragung im Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) müssen konkrete Anhaltspunkte für eine nicht zweckkonforme Verwendung hinzu kommen (Nr. 4). Sie können sich aus einer in der Vergangenheit wiederholt zweckwidrigen Verwendung ergeben (BT-Dr. 17/3404, 99).
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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kleinchaos
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Re: Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

#4

Beitrag von kleinchaos »

Danke. Das ist gutes Futter. Und unterstützt meine Argumentation. Ich werde berichten
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Re: Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

#5

Beitrag von Olivia »

kleinchaos hat geschrieben: Di 18. Jun 2019, 22:10 Sie hat zwar einen Titel und könnte ihn zwangsräumen lassen, aber dafür fehlt ihr das Geld. PKH dafür wurde abgelehnt
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kleinchaos
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Re: Untermieter zahlt keine Heizkosten, Mietschulden

#6

Beitrag von kleinchaos »

Zu spät
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