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Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Fr 19. Mai 2017, 12:21
von kleinchaos
Mäxchens Eltern mögen sich nicht mehr, aber sie können noch miteinander reden und beide lieben Max. Da man nicht weit entfernt voneinander lebt hat man sich entschieden, das Wechselmodell zu versuchen. Im wöchentlichen Wechsel lebt Max nun mal bei Mama und mal bei Papa.
Soweit so gut.

Mama sucht Arbeit und bekommt ALG2, Papa ist nicht im Leistungsbezug. Papa braucht keinen Unterhalt zu zahlen, weil ja Wechselmodell besteht. Ihm steht aber das hälftige Kindergeld trotzdem zu.

So, nun die Fakten:
Das JC rechnet nun taggenau den Regelbedarf aus, für die Tage, an denen er bei Papa ist gibts nix.
Das JC rechnet auch taggenau die KdU aus, für die Tage, an denen er bei Papa ist gibts nix.
Das JC rechnet auch das volle Kindergeld al Mäxchens Einkommen an.

So, nun steht das Zimmer aber nicht wöchentlich im Wechsel zur Untervermietung frei, der Vermieter will auch nicht auf die Hälfte der Zeit auf die Miete verzichten. Konkret geht es ja um 25% der Warmmiete. Kopfteilig = 50% Max, die Hälfte der Zeit ist er nicht da, also 25%. Ich denke schon, dass das eine ordentliche Summe ist, die da aus Mamas Regelbedarf extra aufzubringen ist und wegen dem Wechselmodell eben nicht aus dem Alleinerziehendenzuschlag gedeckt werden kann, wozu dieser ja auch nicht da ist.

Der Regelbedarf für Max wird auch nur tageweise gewährt. Irgendwo in meinem Hinterstübchen hatte ich mal was hingelegt. Ich meine, diese Kürzung darf ja nur gemacht werden, wenn der Papa im Leistungsbezug stünde und der Papa dann den hälftigen Bedarf erhält. Wenn Papa aus dem Leistungsbezug ist darf der Bedarf nicht gekürzt werden? Hab ich nun nen Haken im Hirn oder stimmt das?

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Fr 19. Mai 2017, 12:44
von marsupilami
Ist das hier hilfreich?
Wechseln sich die getrennt lebenden Eltern bei der Pflege und Erziehung der Kinder ab, sogenanntes Wechselmodell, besteht eine temporäre Bedarfsgemeinschaft des Kindes bei dem jeweiligen Elternteil. In diesen Fällen steht beiden Elternteilen ein hälftiger Mehrbedarf für Alleinerziehende zu.
(Vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009- B 4 AS 50/07- )

Das Kind in der Bedarfsgemeinschaft unter dem 15. Lebensjahr gilt als nicht erwerbsfähig und erhält dementsprechend gemäß § 23 Nr. 1 SGB II die Leistungen unter der Bezeichnung Sozialgeld, das bis zum Alter von 6 Jahren 60 % der Regelleistung und ab dem 7. Lebensjahr bis zum 14 Lebensjahr 70 % der Regelleistung beträgt.
Ab 15 Jahren erfolgt die Leistung gemäß § 20 Abs. 2 bzw. § 23 Nr. 1 i.V.m. § 77 Abs. 4 SGB II als der in zwei Altersstufen, von 15 bis 18 Jahren und 18 bis 25 Jahren, gegliederten anteiligen Regelleistung.
https://www.rechtsanwalt.com/fachbeitra ... -ii-bezug/


das hier ist von 2011 und somit vermutlich nicht mehr aktuell:
http://tacheles-sozialhilfe.de/startsei ... /d/n/1432/

Dann hab ich noch gefunden:
VAMV_Stellungnahme_GE-RBEG_2016.pdf
VAMV_Position_AG_SGB_II_ASMK_Kuerzung_temporaere_Bedarfsgemeinschaft.pdf

Aber das sind ja nur Positionspapiere und daher nicht wirklich hilfreich.

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Fr 19. Mai 2017, 14:17
von Koelsch

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Mo 22. Mai 2017, 22:19
von Upstocker
Das JC rechnet nun taggenau den Regelbedarf aus, für die Tage, an denen er bei Papa ist gibts nix.
Das scheint mir von der Rechtsprechung des BSG gedeckt. An den Papatagen ist das Kind nicht Teil der Mama-BG.
Das JC rechnet auch taggenau die KdU aus, für die Tage, an denen er bei Papa ist gibts nix.
Das ist nicht ok, KdU sind nicht zu kürzen. BSG schon in 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R
Das JC rechnet auch das volle Kindergeld al Mäxchens Einkommen an.
Geht nicht. BSG B14 AS 50/12 R v. 12.06.2013

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Di 23. Mai 2017, 05:48
von kleinchaos
Danke

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 08:41
von kleinchaos
Mal wieder aus aktuellem Anlass hochgeholt.
In dem Eingangspost erwähnte Konstellation wurde vom JC nach Widerspruch antragsgemäß bewilligt.

Nun neuer Fall, anderes JC. Wir wollen klagen, da dem Widerspruch in diesem Sinne nicht abgeholfen wurde.

Text in etwa:
" Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom ... in Verbindung mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom ...

Antrag: Die Beklagte wird zur Zahlung der vollen Kosten der Unterkunft für das Kind Philip verurteilt, auch und insbesondere für Zeiten des außerhäusigen Aufenthaltes zum Zwecke der Ausübung des kindlichen Umgangsrechts mit dem Vater.
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wird aufgehoben und nach Neuberechnung unter Berücksichtigung der vollen KdU für den Kläger zu 1 neu berechnet.

Begründung:
Die Beklagte berücksichtigt in dem Bescheid vom ... in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... die Kosten der Unterkunft für das Kind Philip nur für die Zeiten, in denen es sich im Haushalt der Klägerin zu 2. befindet. Für die Zeiten des Umgangs mit dem Vater erkennt das JC Cottbus keine Kosten der Unterkunft bei der Klägerin zu 2. an.
(Hier nun die Zeiten eintragen, in denen der Umgang stattfand)

Durch dieses Verwaltungshandeln ist der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft regelmäßig massiv unterdeckt.
Es ist der Klägerin zu 2. auch bisher noch nicht gelungen, das Zimmer des Klägers zu 1. für die Zeit seiner Abwesenheit an zB. Monteure oder Studenten unterzuvermieten um die Differenz auszugleichen.
Vermutlich liegt das an der unregelmäßigen Befristung des Angebotes und an der dem Kläger zu 1. altersgemäßen Ausstattung und Dekoration des Zimmers.

Die Klägerin zu 2 erhebt erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungspraxis. Es ist auch im BGB kein Gesetz zu finden, welches das Kind zwingt, für die Zeit, in der es das ihm grundgesetzlich und familienrechtlich zustehende Umgangsrecht mit dem jeweils anderen Elternteil wahrnimmt, seine Miete selbst aufzubringen oder den anderen umgangsberechtigten Elternteil um Sicherstellung seiner Miete zu bitten.
Und es betrifft hier ja nicht nur den Mietanteil für sein Kinderzimmer zuzüglich der hälftigen Kosten für Küche, Bad und Flur, sondern auch die Hälfte für das Wohnzimmer und das Schlafzimmer der Klägerin zu 2."


So, Ring frei zur Bemeckerung

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 08:54
von Koelsch
Liest sich gut, schau auch mal hier
Unterkunftskosten Umgangsrecht.pdf

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 09:09
von kleinchaos
Leitsätze sind doch bindend für die Rechtsprechung und haben so eine Art gesetzgebenden Charakter?

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 09:22
von tigerlaw
Nein, kc, sonst würden sie "Normen" o.ä. genannt.

Wie der Name sagt, sind sie einerseits das Kondensat des Urteils, und andererseits geben sie die (derzeitige) Meinung des Gerichts wieder.

Weder Antragsteller, noch Behörden sind daran gebunden. Jedoch weiß jeder, der im Sprengel diesers Gerichts wohnt, wie es diese bestimmte Frage lösen wird, und kann sich darauf einstellen: Entweder "resigniert" man, oder aber geht erneut in die Instanzen und hofft, dann mit seinem Fall das Gericht so zu überzeugen, dass es zu anderen Ansichten als bisher gelangt.

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 09:27
von Koelsch
kleinchaos hat geschrieben: Do 10. Aug 2017, 09:09 Leitsätze sind doch bindend für die Rechtsprechung und haben so eine Art gesetzgebenden Charakter?
Wie tiger schon schrieb - mit einer Ausnahme: Leitsätze des BVerfG haben durchaus Bindungswirkung über den Einzelfall hinaus. Desderwegen haben die wenigstens BVerfG Entscheidungen Leitsätze.

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 10:22
von tigerlaw
Koelsch hat geschrieben: Do 10. Aug 2017, 09:27
kleinchaos hat geschrieben: Do 10. Aug 2017, 09:09 Leitsätze sind doch bindend für die Rechtsprechung und haben so eine Art gesetzgebenden Charakter?
Wie tiger schon schrieb - mit einer Ausnahme: Leitsätze des BVerfG haben durchaus Bindungswirkung über den Einzelfall hinaus. Desderwegen haben die wenigstens BVerfG Entscheidungen Leitsätze.
Nein, Kölsch, auch das ist unzutreffend: "Leitsätze" werden - auch z.B. beim BGH - den Fassungen zur Veröffentlichung vorgehängt, , danach folgt das eigentliche Urteil.

Mir sind keine Entscheidungen aus Karlsruhe erinnerlich (zumindest, wenn sie "neue" Gedanken enthalten), bei denen keine "Leitsätze" mit veröffentlicht wurden. Aber, wie gesagt, das ist dann nur das "Extrem-Kondensat" der Entscheidung, damit die REchtsanwender sofort wissen können, wohin der Hase läuft.

Die eigentliche "Entscheidungsformel", also z.B.
§ xxx des Gesetzes YYY ist ungültig, da es gegen bestimmte Normen der Verfassung verstößt
erlangt in de Tat Gesetzeskraft. Aber, da hast Du recht, dies geschieht ausschließlich bei BVerfG-Entscheidungen!

Re: Wechselmodell, KDU, Regelbedarf

Verfasst: Do 10. Aug 2017, 10:59
von marsupilami
Der Schrieb von kc kann - nach meiner Auffassung - so raus.