EM-Rente und ALG II

hier sollten Fragen eingestellt werden rund um Behindertenrechte und Rentenrecht
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Koelsch
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EM-Rente und ALG II

#1

Beitrag von Koelsch »

Folgender Fall:

Nach REHA durch die DRV kommt diese wohl zu dem Schluss, volle Arbeitsfähigkeit ist nicht mehr.

Deren Empfehlung - entweder Behindertenwerkstatt (WfBM) oder Erwerbsminderungsrente. Der Betroffene ist recht zuversichtlich, dass er einen geeigneten Teilzeitjob durchaus ausfüllen könnte, u.U. auch als Selbstständiger, er ist Graphiker und macht so was auch am PC.

Seine und meine Fragen:

Hat er neben der kümmerlichen EM-Rente oder WfBM einen Anspruch auf ALG II. Das wäre wichtig, da derzeit Schonvermögen für GruSi noch viel zu hoch ist, nicht aber für ALG II.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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kleinchaos
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Re: EM-Rente und ALG II

#2

Beitrag von kleinchaos »

So lange die Erwerbsfähigkeit nicht völlig gemindert ist (unter 15 Wochenstunden bzw täglich 3 Stunden) solange ist er eingeschränkt erwerbsfähig und hat damit Anspruch auf ergänzendes ALG 2
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
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marsupilami
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Re: EM-Rente und ALG II

#3

Beitrag von marsupilami »

ALG II stellt doch ab auf 2 Dinge:

Steht der Deliquent dem Arbeitsmarkt überhaupt zur Verfügung?

Wenn ja, wie lange pro Tag?

Wenn er mehr als 3 h pro Tag - wenn ich es recht weiß - arbeiten kann, dann ist er arbeitsfähig und damit nach meiner Auffassung ALG-berechtigt.


Die Problematik wird viel mehr sein:
JC sagt: Gutachten bzw. Abschlußbericht REHA/DRV sagt Behindertenwerkstatt/Rente, somit werden wir diese Person wohl kaum am Arbeitsmarkt unterkriegen, also ab in die Werkstatt bzw. Rente, dann müssen wir nichts oder zumindest weniger zahlen.

Der Deliquent hat den Nerv (hoffe ich) und hält dagegen, notfalls mit Anwalt: ich kann 5, 6 h pro Tag arbeiten, solange kein all zu großer Zeitdruck aufgebaut wird und wenn ihr mich nicht vermitteln wollt, dann halt eben selbstständig.
Bzw. liebes JC, ihr kriegt mich doch eh nicht am Arbeitsmarkt unter, unterstützt mich also in meiner Selbstständigkeit. Damit kann ich soviel verdienen, dass a) Kosten des Gewerbes gedeckt sind und b) zumindest ein Teil des Regelsatzes und KdU ebenfalls gedeckt sind, ihr also (deutlich) weniger als den vollen Satz zahlen müsst.
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tigerlaw
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Re: EM-Rente und ALG II

#4

Beitrag von tigerlaw »

Das heißt also, er bekommt eingeschränkte EM?

Dann bleibt er im Bereich SGB II, die EM-Rente wird (natürlich ohne Freibeträge ["Schweißprämie", wie ich sie immer bezeichne]) auf H-4-Leistungen angerechnet.

Natürlich, auch ausgebildete Grafiker gibt es sicherlich sehr viele, auch als Aufstocker. Andererseits: Wenn die Tätigkeit eine "schwarze Null" ergibt, soll es doch nur recht sein.
Denn eine WfbM hat, gesamtwirtschaftlich betrachtet, erheblich höhere Kosten.

Und wenn es eine verlustbringende Tätigkeit ist, dann muss der eLB eben -so schade es ist - in entsprechender Höhe sein Vermögen anknabbern.

Das JC wird ihn jedenfalls wohl noch nicht mal in einen 1-€-Job vermitteln können, geschweige denn in eine sv-pflichtige Tätigkeit.

:tiger:

Edit: Marsu war ein bisschen schneller, wir ergänzen uns!
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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marsupilami
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Re: EM-Rente und ALG II

#5

Beitrag von marsupilami »

Er soll sich bloß nicht in eine Werkstatt stecken lassen.

Zum einen wird er da kaum eine Arbeit bekommen, die ihn befriedigt, die er gerne mit Lust und Freude verrichten will und zum anderen fürchte ich, wenn er da mal drinnesteckt, kommt er nur mit teuren, selbst bezahlten Gutachten wieder raus.
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Koelsch
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Re: EM-Rente und ALG II

#6

Beitrag von Koelsch »

Ich hab auch noch mal gestöbert, mich sogar mal durch den jurisPK gehangelt und sehe es jetzt hoffentlich :beten: richtig:
  1. So lange die Frage der Erwerbsfähigkeit nicht geklärt ist, hat das JC ALG II zu zahlen
  2. JC hat die Frage der Erwerbsfähigkeit selbst zu klären (§ 44a Abs. 1 Satz 1 SGB II)
  3. Dazu hat JC das von der DRV erstellte Gutachten zu nutzen. Wenn DRV also sagt - nicht erwerbsfähig, dann ist JC daran gebunden
  4. Wenn der (e)LB volle EM-Rente beantragt und bekommt, ist Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen
  5. Wenn er beginnt ein einer WfBM zu arbeiten, ist Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen
Alles Sch... also, er müsste sich erst mal arm futtern, um dann, wenn das Schonvermögen weg ist, aufstockend GruSi beantrage "zu dürfen".

Wie sähe es denn aus, wenn er vor dem abschließenden Urteil des JC "Fakten" schafft, und z.B. durch Erzielung von Gewinnen aus selbstständiger Tätigkeit nachweist - guckt mal, ich kann erwerbstätig sein, egal was die DRV sagt?
Würde das was an dieser ein rechtlichen Einschätzung erwerbsfähig ja/nein ändern?
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tigerlaw
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Re: EM-Rente und ALG II

#7

Beitrag von tigerlaw »

HALT!!!

Wie alt ist der Rentenbescheid über volle EM?

Wenn noch nicht über einen Monat, sofort Widerspruch und Antragsrücknahme!

Ggf mit Gutachgter belegen, dass nicht volle EM gegeben ist.

==>> JC bleibt zuständig

:tiger:
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marsupilami
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Re: EM-Rente und ALG II

#8

Beitrag von marsupilami »

Vorsicht!
Wenn definitiv festgestellt wird: nicht erwerbsfähig, darf er dann noch auf selbstständiger Basis einem Brot-Erwerb nachgehen?
Also "arbeiten"?

Und wenn ja, wie viel darf dann noch dabei rumkommen, ohne das ihm dann die Erwerbsunfähigkeitsrente gekürzt oder gar gestrichen wird?



Warum nicht einfach ALG II beantragen und dort den Dingen seinen Lauf lassen und ohne zu fragen parallel dazu Aufträge akquirien, durchführen, abrechnen?
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Koelsch
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Re: EM-Rente und ALG II

#9

Beitrag von Koelsch »

tigerlaw hat geschrieben: HALT!!!

Wie alt ist der Rentenbescheid über volle EM?

Wenn noch nicht über einen Monat, sofort Widerspruch und Antragsrücknahme!

Ggf mit Gutachgter belegen, dass nicht volle EM gegeben ist.

==>> JC bleibt zuständig

:tiger:

Es liegt noch kein Bescheid vor.

LB ist aus der REHA jetzt entlassen und diese REHA Fritzen haben eben "empfohlen" EM-Rente oder WfBM

Er schrieb mir dazu:
Ich habe bis Ende April an einer LTA-Massnahme, Unterstützte Beschäftigung §38a SGB IX, mit Kostenträger DRV Bund teilgenommen. Die Massnahme wurde wie im Bescheid festgelegt auch fristgemäss beendet.

Ich habe für diese Zeit Übergangsgel bezogen, die Massnahme wurde durchgeführt bei dem ......

Von meinem psychologischen Betreuer und meiner Qualifizierungstrainerin wurde ein Abschlussbericht verfasst, der nun eine für mich sehr gravierende Empfehlung für die weiteren Schritte enthält:

entweder die volle Erwerbsminderungsrente beantragen, oder eben die Teilnahme an einer Massnahme in Werkstatt für Menschen mit Behinderung= 2ter Arbeitsmarkt!
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Re: EM-Rente und ALG II

#10

Beitrag von Koelsch »

marsupilami hat geschrieben:Vorsicht!
Wenn definitiv festgestellt wird: nicht erwerbsfähig, darf er dann noch auf selbstständiger Basis einem Brot-Erwerb nachgehen?
Also "arbeiten"?

Und wenn ja, wie viel darf dann noch dabei rumkommen, ohne das ihm dann die Erwerbsunfähigkeitsrente gekürzt oder gar gestrichen wird?



Warum nicht einfach ALG II beantragen und dort den Dingen seinen Lauf lassen und ohne zu fragen parallel dazu Aufträge akquirien, durchführen, abrechnen?

Das ist nicht das eigentliche Problem, hauptsächlich geht es darum, wie kann ich aufstocken und trotzdem mein Schonvermögen auf ALG II Niveau halten.
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tigerlaw
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Re: EM-Rente und ALG II

#11

Beitrag von tigerlaw »

marsupilami hat geschrieben:Vorsicht!
Wenn definitiv festgestellt wird: nicht erwerbsfähig, darf er dann noch auf selbstständiger Basis einem Brot-Erwerb nachgehen?
Also "arbeiten"?

Und wenn ja, wie viel darf dann noch dabei rumkommen, ohne das ihm dann die Erwerbsunfähigkeitsrente gekürzt oder gar gestrichen wird?

Warum nicht einfach ALG II beantragen und dort den Dingen seinen Lauf lassen und ohne zu fragen parallel dazu Aufträge akquirien, durchführen, abrechnen?


Doch, schon, aber gedeckelt auf einen Ertrag von 450 € monatlich. Bei mehr könnte es dann ggf. Teilrente geben.

Nähere Info unter http://www.deutsche-rentenversicherung. ... ienst.html

Wir hatten hier eine userin, bei der wurde plötzlich festgesetellt, dass wegen einer chronischen Erkrankung bereits vor 6 Jahren volle EM vorgelegen habe. Dummerweise erfüllte sie aber zu jenem Zeitpunkt die 36/60 Regel nicht. Sie hätte aber auch später gar nicht mehr die rechtlichen Voraussetzungen für eine EM-Rente schaffen können.

Ihr blieb nur übrig, den (so gar nicht gewollten) Rentenbescheid mit Widerspruch anzugreifen. Im Widerspruchsverfahren hatte die DRV einen Gutachter eingeschaltet, der zum Ergebnis gelangte, dass seinerzeit tatsächlich keine EM vorlag.

In der Zwischenzeit hatte sie - auch wegen H-4-Bezugs) wieder die rechtlichen Voraussetzungen für eine EM-Rente geschaffen, und hält diese natürlich auch weiterhin aufrecht. Sie könnte jetzt also unbesorgt EM bekommen, aber dann auch Rente!

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marsupilami
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Re: EM-Rente und ALG II

#12

Beitrag von marsupilami »

Naja, solange die Rente weder beantragt geschweige denn bewilligt ist -

Soll doch das JC ihn auffordern, diese Rente zu beantragen!
Das gibt einen herrlich zeitfressenden Schriftverkehr, während dessen viel passieren kann.
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