km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

Rund um Selbstständigkeit unter ALG II.
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blitzdings
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km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#1

Beitrag von blitzdings »

Hallo geschätztes Schwarmwissen.

Ich bin selbständig. Mein kleinen Polo ist Geschäftsfahrzeug. Mit diesem fahre ich zweimal wöchendlich zu meinem Auftraggeber.
eine Strecke 18 km.
Ich führe minnutiös Fahrtenbuch. ;)

Meine Farge bezieht sich auf ...
§ 3 ALG II-V Abs. (7)
1 Wird ein Kraftfahrzeug überwiegend betrieblich genutzt, sind die tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben für dieses Kraftfahrzeug als betriebliche Ausgabe abzusetzen. 2 Für private Fahrten sind die Ausgaben um 0,10 EUR für jeden gefahrenen Kilometer zu vermindern. 3 Ein Kraftfahrzeug gilt als überwiegend betrieblich genutzt, wenn es zu mindestens 50 % betrieblich genutzt wird.............

1.)Frage:
"...überwiegend betrieblich genutzt ..." -> Beurteilung gefahrene km oder Frequenz?
Beispliel.
Betrieblich veranlasste regelmässige Fahrt zum Auftraggeber (2 x wöchnendlich) ist Kurzstrecken. z.B. 2000km
Privat Fahrt z.B. Urlaub 2500 km ist einmalige Strecke.

Gillt Frequenz oder km?

Wie kann ich die Phantasie des SB auf den Boden holen? :baeh:

Danke im Vorraus.
Tester
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#2

Beitrag von Tester »

Km!
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tigerlaw
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#3

Beitrag von tigerlaw »

Tester hat recht, es zählt nur die zurückgelegte Strecke. Wobei in Deinem Fall diese Fahrten dann wohl doch (also abweichend von meinem Posting http://alg-ratgeber.de/viewtopic.php?p=442575#p442575) als berufliche Fahrten einzuschätzen wären.

Und um in Deinem Beispiel zu bleiben: eine einzige Urlaubsfahrt nach z.B. Skandinavien kann den Wagen für den gesamten BWZ den WAgen zu einem Privatfahrzeug degradieren, so dass nur 0,10 €/km als Kosten in Zeile B5.2 angesetzt werden könnten!
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
Olivia
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#4

Beitrag von Olivia »

tigerlaw hat geschrieben:eine einzige Urlaubsfahrt nach z.B. Skandinavien kann den Wagen für den gesamten BWZ den WAgen zu einem Privatfahrzeug degradieren, so dass nur 0,10 €/km als Kosten in Zeile B5.2 angesetzt werden könnten!
Je nachdem, wie viel sonstige Unterhaltskosten und Reparaturen für das Auto anfallen, kann sich für die Skandinavienreise ein anderes Verkehrsmittel mehr lohnen. Oder man legt die Skandinavienreise in einen BWZ, wo keine teuren Reparaturen anfallen.
blitzdings
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#5

Beitrag von blitzdings »

Danke fürs Erste.

jedoch gab es ein Urteil was ungefähr so lautetet.
Ein freiberuflicher Aufstocker fuhr aus dringenden persönlichen Gründen (Tochter in der Schweiz verunglückt) im Fahrtenbuch als privatfahrt gekennzeichnet in die Schweiz.
Diese eine Fahrt "degradierte" die Anerkennung des im betriebsvermögen geführten und als Firmenfahrzeug genutzten PKW zum privat PKW.
Da gegen wurde erfolgreich Klage erhoben. Ich finde nur diese Urteil nicht mehr.
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Koelsch
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#6

Beitrag von Koelsch »

Verunglückte Tochter ist aber auch was anderes als Urlaubsfahrt - bei verünglückter Tochter kann SB mit Härtefall argumentieren
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
blitzdings
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#7

Beitrag von blitzdings »

! Steuerrecht weist jedoch einen genaueren Korridor...

https://www.gulp.de/knowledge-base/rech ... osten.html

„Erste Betriebsstätte“ entscheidet
Die Frage, welches Fahrtziel als Betriebsstätte im Sinne des Abzugsverbots gilt, war lange Zeit höchst umstritten. Das galt auch und gerade für Freiberufler und Unternehmer mit wechselnden Einsatzorten. Zum Glück hat die jüngste Reisekostennovelle etwas mehr Rechtssicherheit für Selbstständige mit und ohne „Home Office“ gebracht. Denn seitdem gilt die in § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG geregelte ungünstige Entfernungspauschale nur noch für die erste Tätigkeitsstätte.
Bei Selbstständigen ist das die „erste Betriebsstätte“.

Anders als bei der bisherigen „regelmäßigen Betriebsstätte“ kann es immer nur eine erste Betriebstätte geben:
Bei Selbstständigen ist das in aller Regel der eigene Betrieb.

Falls Sie also von Ihrer Wohnung aus direkt zu Kunden, Geschäftspartnern und anderen betrieblichen Einsatzorten fahren, handelt es sich normalerweise um Auswärtstätigkeiten. Als Fahrtkosten dürfen Sie dann die volle Kilometerpauschale von 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Kilometer ansetzen. Darüber hinaus können Sie weitere Reisekosten geltend machen.

Für IT-Freelancer, die abwechselnd bei Kunden, daheim und unterwegs arbeiten, bedeutet das:
  • Wenn Sie ein Büro oder Geschäftsräume haben, die komplett von Ihrer Privatwohnung abgetrennt und separat zugänglich sind, verfügen Sie über eine eigene Betriebsstätte. Die ist in aller Regel zugleich die erste Betriebsstätte. Und zwar selbst dann, wenn ein Kunde für die Dauer einzelner Projekte vorübergehend einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt.
  • Ein Arbeitszimmer innerhalb der Privatwohnung gilt laut BMF-Schreiben vom 23. Dezember 2014 hingegen nicht als Betriebsstätte – und damit auch nicht als erste Betriebsstätte. Selbstständige, die keine eigene Betriebsstätte haben und ihre Tätigkeit bei wechselnden Auftraggebern an unterschiedlichen Einsatzorten ausüben, haben daher vielfach gar keine erste Betriebsstätte.
Im Ergebnis ändert das zum Glück wenig:
  • Fahrten von der Wohnung zu Einsatzorten sowie zwischen verschiedenen Einsatzorten gelten üblicherweise als Auswärtstätigkeiten, für die Reisekosten geltend gemacht werden dürfen.
Erste Betriebsstätte bei Kunden?
Anders verhält es sich nur, wenn ein IT-Freelancer auf Dauer regelmäßig bei einem oder mehreren Kunden arbeitet. Als Kriterium für die Dauerhaftigkeit einer Betriebsstätte nennt das BMF-Schreiben dabei …
  • Zeiträume „von voraussichtlich mehr als 48 Monaten“
oder
die „gesamte Dauer der betrieblichen Tätigkeit“.

Unter diesen Voraussetzungen hängt die Feststellung der ersten Betriebsstätte von der Häufigkeit ab, mit der ein Selbstständiger die jeweilige Betriebsstätte aufsucht und von der Arbeitszeit, die er dort verbringt.
  • Eine dauerhafte Betriebsstätte wird zur ersten Betriebsstätte, wenn sie …
    arbeitstäglich
oder
  • wöchentlich an zwei vollen Arbeitstagen aufgesucht wird
oder
  • der Selbstständige dort während mehr als zwei Drittel seiner regelmäßigen Gesamtarbeitszeit tätig ist.

Trifft eine der Voraussetzungen auf mehrere Betriebsstätten zu, gilt der näher zur Wohnung gelegene Standort als erste Betriebsstätte. Fahrten zu den anderen Betriebsstätten werden als Auswärtstätigkeiten behandelt.

Bitte beachten Sie:
Erfahrungsgemäß ist das Kriterium der Dauerhaftigkeit - also die Tatsache, dass Sie auf Dauer und im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber tätig sind - nur in Ausnahmefällen erfüllt. Hinzu kommt, dass Gerichte in der Vergangenheit wiederholt entschieden haben, dass Arbeitsplätze beim Kunden keinen umfassenden Betriebsstätten-Charakter haben.
Schließlich dürfen hier nur kundenbezogene Tätigkeiten ausgeübt werden. (Achtung Scheinselbständigkeit)

Deshalb kommt es nur selten vor, dass sich die erste Betriebsstätte eines IT-Freelancers an einem Kunden-Standort befindet.
Falls Sie aus alter Gewohnheit oder vorauseilendem Gehorsam für bestimmte Fahrten noch die Entfernungspauschale ansetzen, sollten Sie unbedingt Ihre Fahrtkostenabrechnungen überprüfen:
  • Welcher Ort in Ihrem Einzelfall als „erste Betriebsstätte“ gilt, besprechen Sie im Zweifel am besten mit einem Steuerberater.
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tigerlaw
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#8

Beitrag von tigerlaw »

Alles wunderschön und zutreffend - aber nicht für den Bereich "Selbständige Aufstocker im SGB II"!

Da gilt - leider - zwingend § 3 II ALG-II-VO, letzter Halbsatz: "...ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften ..." !

Deshalb gibt es ja auch keine Abschreibungen!
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Peterpanik
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#9

Beitrag von Peterpanik »

Auch das ist nicht ganz richtig, gelten tut Artikel 3 Satz 1 GG für Menschen und Firmen, aber die Sache liegt beim BVerfG und wird irgendwann geklärt.
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tigerlaw
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#10

Beitrag von tigerlaw »

Lieber Peter, natürlich gilt Art. 3 GG. Er(und die anderen Grundrechte) stellen die Elle dar, an der die Gesetze gemessen und geprüft werden.

Es gibt aber eine Normenhierarchie:

Zuoberst steht die Verfassung, darunter stehen die (einfachen) Gesetze, und darunter stehen die Verordnungen. Die Gesetze werden vom jeweiligen Parlament verabschiedet. In den Gesetzen können "Ermächtigungen" an die Regierung stehen, Detailregeln ohne förmliche Befassung des Parlaments zu treffen. Dies sind die Verordnungen.

Eine solche Verordnung ist auch die ALG-II-VO.

Eine Verordnung kann von den (Fach-) Gerichten überprüft und ggf. für rechtswidrig verworfen werden, während hinsichtlich der förmlichen Gesetze diese Befugnis nur dem Verfassungsgericht zukommt.

:tiger:
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Peterpanik
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#11

Beitrag von Peterpanik »

Der Herr Prof. Dr. Spellbrink der ja im 4 bzw. 14 Senat des BSG mit-entschieden hat hat mir persönlich unter Zeugen vollendendes gesagt Zitat :

Eine Verordnung kann kein ranghöheres Recht bzw. Gesetzt außer kraft setzen.


Das Heißt für uns, das diese ALG-II-VO nicht mit geltendem Recht also über geordneten Gesetzen vereinbar ist und genau diese Frage muss nun das BVerfG klären, es liegt zu diesen Sachverhalt eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe vor, ich glaube das kann Koelsch auch bestätigen.
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Koelsch
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#12

Beitrag von Koelsch »

Genau das hat tigerlaw gesagt, Verordnungen können von Gerichten "korrigiert" werden.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
der ratlose
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#13

Beitrag von der ratlose »

Hmm,
Urlaubsfahrt nach Scandinavien ?
Als erstes gehe ich mal davon aus, das der Selbständige Werbezettel mit sich führt und diese dort verteilt um neue Kunden zu gewinnen.
Als zweites macht es Sinn sich einen Zettel anzufertigen auf dem in der dortigen Landessprache steht das man einen Job sucht und sich am Tag XY dort vorgestellt hat. Unten sollte ein Textfeld sein auf dem das Gegenüber bestätigt das man dort auch vorgesprochen hat.

Und dann, dann soll einem der SB ganz genau erklären was nun geschäftliche Fahrten sind, was private Fahrten sind, und wie diese privaten Fahrten nochmal hinsichtlich der Bewerbungskosten zu untergliedern sind.
Besonders gut wird das alles noch wenn das Auto mit Werbung für die eigene Firma vollgeklebt ist.
blitzdings
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Re: km oder Frequenz -> Definition betrieblich genutzter PKW?

#14

Beitrag von blitzdings »

der ratlose hat geschrieben: So 2. Jul 2017, 09:14 Hmm,
Urlaubsfahrt nach Scandinavien ?
Als erstes gehe ich mal davon aus, das der Selbständige Werbezettel mit sich führt und diese dort verteilt um neue Kunden zu gewinnen.
Als zweites macht es Sinn sich einen Zettel anzufertigen auf dem in der dortigen Landessprache steht das man einen Job sucht und sich am Tag XY dort vorgestellt hat. Unten sollte ein Textfeld sein auf dem das Gegenüber bestätigt das man dort auch vorgesprochen hat.

Und dann, dann soll einem der SB ganz genau erklären was nun geschäftliche Fahrten sind, was private Fahrten sind, und wie diese privaten Fahrten nochmal hinsichtlich der Bewerbungskosten zu untergliedern sind.
Besonders gut wird das alles noch wenn das Auto mit Werbung für die eigene Firma vollgeklebt ist.
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