Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

Hilfe bei Fragen rund um Miete, Heizkosten etc. beim ALG II nach § 22 SGB II.
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Koelsch
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Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#1

Beitrag von Koelsch »

Ich erhielt die folgende Frage und bin im Moment noch ratlos
Ehemann von meine Ratsuchende stirbt und sie bleibt mit berufstätige Tochter in der Wohnung 70 m². JC hat sofort die Miete auf 2 Personen verteilt.

Ist das rechtens? Ich habe nichts im Internet gefunden. Weiss Du davon mehr?
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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marsupilami
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#2

Beitrag von marsupilami »

Ist denn die berufstätige Tochter Mitglied der BG oder bildet diese Tochter eine eigene BG?

Und war Kopfteil-Prinzip nicht schon immer und grundsätzlich in Anwendung?

Aber schau mal hier:
https://hartz.info/index.php?topic=111485.0#
runterscrollen zu jalapeno, der spricht auch von Kopfanteilmethode.


Vielleicht findest Du ja in dieser Sammlung was (bisken runterrollen):
https://docplayer.org/amp/65752173-Leit ... izung.html
Signatur?
Muss das sein?
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benedetto
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#3

Beitrag von benedetto »

Hat der Leistungsträger zuvor keine gesetzlich vorgeschriebene Kostensenkungsaufforderung an die Beteiligten zugesandt und dafür eine ausreichende Frist gesetzt, wenn offenbar die Kosten der Wohnung bei 2 Personen nicht mehr angemessen waren?

Der Leistungsträger war meiner Ansicht nach nicht befugt, die vorläufige Weiterzahlung der bisherigen Gesamtunterkunftskosten zu versagen, da hierfür nach der st. Rechtsprechung des BSG bei atypischen Fällen keine Rechtsgrundlage besteht (siehe z.B. Urteil vom 14.02.2018 - Aktenzeichen B 14 AS 17/17 R). Zumindest hätte während des Anhörungsverfahrens die bisherige Miete für max. 6 Monate weiterhin übernommen werden müssen.
4. Bei der Bedarfszuweisung durch Aufteilung der Aufwendungen nach Kopfteilen im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um eine generalisierende und typisierende Annahme, die jedoch nicht gesetzlich als den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung begrenzend festgeschrieben ist; demgemäß hat das BSG schon mehrfach Abweichungen vom Kopfteilprinzip als möglich und notwendig angesehen. 5. Die Abweichung vom Kopfteilprinzip und die aus ihr folgende Erhöhung der Einzelansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung setzt voraus, dass sie aus bedarfsbezogenen Gründen geboten ist.
https://www.rechtsportal.de/Rechtsprech ... mw)/narrow
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#4

Beitrag von Koelsch »

Muss ich mich mal reinlesen.

Ich vermute, der Schuh drückt hier:

Bisher: KdU Aufteilung: Pap, Mama, bedarfsdeckende Tochter je 1/3
Jetzt: Mama, bedarfsdeckende Tochter je 1/2
= Tochter muss mehr aus der eigenen Tasche bezahlen
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tigerlaw
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#5

Beitrag von tigerlaw »

Wäre denn auch die buchstäblich "halbe Miete" noch in der Angemessenheitsgrenze?
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#6

Beitrag von Koelsch »

:1: :1:
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kleinchaos
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#7

Beitrag von kleinchaos »

Von der Kopfanteilsmethode kann abgewichen werden, wenn die Aufteilung der Räume so ist, dass bei der Kopfanteilsmethode einer sehr stark benachteiligt wäre.

Beispiel: 3 Raum-Wohnung. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer. Schlafzimmer sei etwa 17m², Kinderzimmer 10m². Hier wäre die Tochter benachteiligt
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#8

Beitrag von Koelsch »

Danke, werd ich "abklopfen"
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kleinchaos
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#9

Beitrag von kleinchaos »

Was anderes: wenn die Tochter Ü 25 ist, dann sind sie ja keine BG mehr, sondern eine WG, maximal eine HG.
Bei HG kann man, ähnlich wie bei BG, auf das Kopfanteilsprinzip abstellen. Wobei ich da mich mächtig auf die Hinterbeine stellen würde.

Fakt ist doch: die Mutter ist jetzt allein in der BG, sie hat einen Anspruch auf 45 bis 50m² und die dabei angemessenen KdU. Wenn die Wohnung nun zu groß und/oder zu teuer ist, kann sie die KdU zB durch Untervermietung an die Tochter senken. Dabei würde die Mutter den Höchstsatz bekommen, die fehlende Differenz müsste die Tochter zahlen
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#10

Beitrag von Koelsch »

Hab gerade "abgeklopft" Tochter ist (leider) erst 24 also noch drin in der BG.
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Günter
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#11

Beitrag von Günter »

Wieso? Ich meine, wenn sie ihren eigenen Bedarf decken kann, fällt sie raus.
(4) Ein Kind gehört nicht mehr zur BG der Eltern, wenn
• es verheiratet ist,
• das 25. Lebensjahr vollendet hat,
• es seinen Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten kann,
https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok ... 015897.pdf
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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kleinchaos
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#12

Beitrag von kleinchaos »

Richtig. Damit wird das JC aber sofort die HG aus der Kiste holen und die WG bzw das Untermietverhältnis anzweifeln
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#13

Beitrag von Koelsch »

Ich zitier mal aus dem JurisPK zu § 7 SGB II - Randnummer 149
§ 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II ist sprachlich verunglückt. Anders formuliert wird die hinter dieser Bestimmung stehende Grundregel für die Bildung einer Bedarfsgemeinschaft deutlicher: Erwerbsfähige
unverheiratete Kinder im Alter von 15-24 bilden mit ihren Eltern bzw. Elternteilen und deren Partnern
eine Bedarfsgemeinschaft, sofern alle in einem gemeinsamen Haushalt leben.
248 Auf die Erwerbsfähigkeit der Eltern bzw. Elternteile und deren Partner kommt es nach der neueren Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts249 entgegen der herkömmlich vertretenen Auffassung250 nicht an. Zuvor
war argumentiert worden, dass die Eltern bzw. Elternteile und ggf. deren Partner zur Bildung einer
Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II nicht selbst erwerbsfähig sein dürften, denn
anderenfalls würden sie eine eigene Bedarfsgemeinschaft bilden können251 und ihre erwerbsfähigen
unverheirateten Kinder wären in eine Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II einzubeziehen.252 In der Tat trägt nur § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II die Sonderkonstellation, dass das erwerbsfähige unverheiratete Kind im Alter von unter 25 die Position des einzigen Hauptleistungsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft einnimmt und diesfalls auch die Eltern oder Elternteile, z.B.
nach Trennung/Scheidung, und deren Partner Mitglieder dieser Bedarfsgemeinschaft sind. Das
Bundessozialgericht253 hat jedoch zutreffend hergeleitet, dass die Erwerbsfähigkeit der Eltern bzw.
Elternteile und deren Partner keine tatbestandliche Voraussetzung für die Bildung einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II ist. Hierfür gibt der Wortlaut der Bestimmung nichts
her. Eine Bedarfsgemeinschaft nach dieser Bestimmung kann daher auch mit erwerbsfähigen
Eltern etc. zustande kommen. Dies begünstigt – den Blick auch auf § 9 SGB II gerichtet – die Bildung einer Drei-Generationen-Bedarfsgemeinschaft (vgl. dazu Rn. 207)
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#14

Beitrag von kleinchaos »

Die junde Dame würde also nur durch Auszug aus der BG-Falle entkommen
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#15

Beitrag von Koelsch »

:jojo: ... oder durch Vorziehen des nächsten Geburtstages, was aber technisch vergleichsweise schwierig ist. :zwinker:
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#16

Beitrag von Koelsch »

Aus dem heutigen Tacheles Rechtsprechungsticker:
BSG, Urteil vom 25. April 2018 (Az.: B 14 AS 14/17 R):

Leitsatz Dr. Manfred Hammel

1. Bei einem alleinerziehenden Elternteil, der mit seinem minderjährigen Kind, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, ständig zusammen lebt, ist in Bezug auf die Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) von einem eigenständigen Ein-Personen-Haushalt bzw. einer „Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft“ auszugehen.

2. § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II gelangt hier nicht zur Anwendung.
Dann aber müsste das nicht nur für minderjährige Kinder sondern auch für volljährige Kinder gelten = Mutter bekommt vom JC volle 1-Personen KdU und Tiochter trägt den Rest. Dürfte deutlich besser sein als 50/50
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marsupilami
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#17

Beitrag von marsupilami »

Ist halt wie immer die Frage, ob die eigentlich Betroffenen das dann auch - notfalls mit Anwalt - durchziehen.

Denn das JC wird erstmal aus Prinzip "Nein" sagen und aufgrund der "JC-Minderjährigkeit" der Tochter 'ne 2er BG draus machen.
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benedetto
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#18

Beitrag von benedetto »

Aus dem B 14 AS 14/17 R - Urteil vom 25.04.2018:

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... &id=202100
.
.
.

4

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, weil sie mit ihrer Tochter keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe, sodass, ausgehend von den Werten für einen Ein-Personen-Haushalt, bei ihr die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten zu berücksichtigen sei.
.
.
.

22

c) Das Ergebnis, dass bei einem alleinerziehenden Elternteil, der mit einem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen eigenen Bedarf decken kann, für die Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft von einem eigenständigen Ein-Personen-Haushalt bzw einer "Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft" auszugehen ist, folgt aus dem "Konstrukt" der Bedarfsgemeinschaft (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1) als Besonderheit des SGB II. Auf eine Haushaltsgemeinschaft kann in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden, weil eine solche von Verwandten nur in § 9 Abs 5 SGB II geregelt wird (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12; BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34).

23

6. Es bestehen keine durchschlagenden rechtlichen Gründe für eine Korrektur der genannten, auf die Bedarfsgemeinschaft Bezug nehmende Rechtsprechung (vgl dazu neuestens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-4200 § 22) für den Fall einer Alleinerziehenden, die mit ihrem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, also mit ihr gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft bildet. Der vom LSG angeführte Gesichtspunkt, dass sich die Beurteilung, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, in Abhängigkeit vom Einkommen des Kindes jederzeit ändern kann, greift nicht durch. Derartige Änderungen sind der Ausfluss des im SGB II grundsätzlich geltenden Monatsprinzips (stRspr, vgl nur BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 81 RdNr 18) und ergeben sich auch bei einer Einkommensänderung bei der Mutter.

24

Nichts anderes folgt aus der möglichen Änderung der Wohnverhältnisse aufgrund geänderten Einkommens. Entgegen der Auffassung des LSG führt das Abstellen auf das Monatsprinzip nicht zu Zirkelschlüssen. Die Überlegungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wohnsituation beruhen auf der Annahme, dass bei einem Kind, das seinen Bedarf aus eigenem Einkommen decken kann, zwingend nur die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen seien. Dafür ist jedoch insbesondere bei einem Kind, das hinreichend hohen Unterhalt erhält, kein Rechtsgrund zu erkennen. Auszugehen ist vielmehr bei der Bedarfsberechnung vom Kopfteil der tatsächlichen Aufwendungen, denn wenn und soweit das Kind diese und seine übrigen Bedarfe decken kann, gehört es nicht zur Bedarfsgemeinschaft und unterliegt auch nicht den Beschränkungen des SGB II hinsichtlich der Angemessenheit. Eine Beschränkung der Angemessenheitsgrenze für die Mutter auf die Hälfte der Aufwendungen eines Zwei-Personen-Haushalts hätte auch nicht gerechtfertigte Auswirkungen auf die Wohnverhältnisse des Kindes, denn wenn die Mutter eine geforderte Kostensenkung durch Umzug oder eine andere Einschränkung ihrer Wohnverhältnisse umsetzen will, wirkt sich dies unmittelbar auf das Kind aus, obwohl dieses seine Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen decken kann. Führt die Mutter keine Kostensenkung durch, muss sie den fehlenden Teil der Aufwendungen für die Unterkunft systemwidrig entweder aus ihrem Regelbedarf finanzieren oder entgegen der Intention des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II aus dem Einkommen des Kindes.

25

Schließlich könnte eine Korrektur im Sinne einer Einschränkung hinsichtlich der angemessenen Unterkunftskosten nicht nur bei Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern erfolgen, vielmehr müsste die Ausnahme systemgerecht auf alle Kinder unter 25 Jahren ausgedehnt werden (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II) und würde auch nicht nur bei Alleinerziehenden greifen, sondern auch bei so genannten "Patchwork-Familien", denn auch in diesen Konstellationen kann hinsichtlich eines Kindes aufgrund bedarfsdeckenden Einkommens eine Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft zu verneinen sein. Eine solche nicht genau überschaubare Zahl von Ausnahmen ist mit der klaren normativen Aussage des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht vereinbar.
https://dejure.org/dienste/vernetzung/r ... 4%2F17%20R

Wird zitiert u.a. vom LSG Nordrhein-Westfalen, 14.02.2019 - L 7 AS 1048/16

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/es ... &id=205493
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Koelsch
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#20

Beitrag von Koelsch »

Jetzt hab ich auch konkrete Zahlen erhalten:
Angemessene Bruttokaltmiete dort für 1, 2 und 3 Personenhaushalt
1 P. 358,00€
2 P. 431,60€
3 P. 523,20€

Tatsächliche Bruttokaltmiete und Heizkosten für die von den beiden noch bewohnte Wohnung.
KM 358,00€
NK145,00€
Bruttokaltmiete 503,00€
HZ 150,00€ (Strom Nachtspeicher)

Die Frau hat eine Witwerente: 231,63

Die Tochter verdient
Br: 1675,50
Nt: 1210,03
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Re: Kopfteil prinzip nach Tod eines BG-Mitglieds

#21

Beitrag von Koelsch »

Ich würde so vorgehen und bitte um Mitdenken:
  1. Wir haben derzeit noch 2 Bewohner in der Wohnung, wobei Tochter kein BG Mitglied ist
  2. Tatsächliche Bruttokaltmiete derzeit € 503,00, angemessen für eine 2-er BG (die nicht vorliegt) wäre € 431,60
  3. Wohnung ist also auf jeden Fall unangemessen, das wiederum bedeutet
  4. JC hat zunächst einmal die € 503 weiter zu zahlen und Kostensenkungsaufforderung zu schicken
  5. Mutter macht "offiziellen" Untermietvertrag mit Tochter über
    € 503 - € 358 (KdU 1-BG) + 75 (= 50% HK) = € 220,00 warm
  6. Also muss Tochter € 2,33 mehr zahlen als bisher (653 Warmmiete durch 3 Personen = 217,67/Person)
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