Eilantrag zurücknehmen

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Paulus
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Eilantrag zurücknehmen

#1

Beitrag von Paulus »

Hallo!!

Es geht um einen eingereichten Widerspruch gegen das Jobcenter meiner Bekannten. Wir haben parallel dazu einen Eilantrag auf einstweilige Anordnung beim Sozialgericht gestellt mit Kontoauszügen usw.

Das Jobcenter hat in seiner Stellungnahme - wie zu erwarten - ans Sozialgericht geschrieben, dass sie dem nicht zustimmen (mit fadenscheinigen Begründungen und noch mehr Lügen), es kam nun parallel ein Schreiben vom Gericht mit ausführlicher Beratung (was sehr nett, aber eher ungewöhnlich ist).
Wir werden gebeten, den Eilantrag zurücknehmen - weil er sonst wahrscheinlich abgelehnt wird.
Es wird zur Klage usw geraten.

Unsere Fragen dazu:
- Was hat das für Konsequenzen im laufenden Widerspuchsverfahren mit dem Jobcenter?
- Welche Informationen bekommt das Jobcenter bei Rücknahme eines Eilantrags?
- Ist zu erwarten, dass die sich jetzt genüsslich volle drei Monate Zeit lassen mit dem Widerspuchsverfahren?
- Was passiert, wenn wir den Antrag nicht zurücknehmen und die Ablehnung kommt?

Viele Grüße
Paulus
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Koelsch
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#2

Beitrag von Koelsch »

:willkommen: im Forum

Du musst ja gegenüber dem SG die Rücknahme nicht begründen, einfach nur "auf Grund Ihres Schreibens vom ... nehme ich meinen Eilantrag zurück"

mehr erfährt dann auch das JC nicht. Ob das JC darauf irgendetwas schließt? :kristall_defekt:

Das kann niemand vorhersagen, es wird hier ja nicht allzu oft kommuniziert, aber es gibt in den JC's durchaus auch gute, nette und fähige SB's. Da aber über die eher selten "gemeckert" wird, tauchen die hier nicht allzu oft auf.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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kleinchaos
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#3

Beitrag von kleinchaos »

Den Eilantrag zurückzunehmen heißt ja nicht automatisch, dass die Klage zurückgenommen wird. Es wird nur die Eilbedürftigkeit zurückgenommen
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#4

Beitrag von HarzerUrvieh »

:willkommen:
Paulus hat geschrieben: Mi 13. Sep 2023, 15:39 ...
Unsere Fragen dazu:
- Was hat das für Konsequenzen im laufenden Widerspuchsverfahren mit dem Jobcenter?
- Welche Informationen bekommt das Jobcenter bei Rücknahme eines Eilantrags?
- Ist zu erwarten, dass die sich jetzt genüsslich volle drei Monate Zeit lassen mit dem Widerspuchsverfahren?
- Was passiert, wenn wir den Antrag nicht zurücknehmen und die Ablehnung kommt?
...
- Welche Konsequenzen es auf das laufende W-Verfahren hat, weiß ich nicht.
- Das JC wird wohl Deinen Schriftsatz in Kopie erhalten.
- Ja, es ist zu erwarten, dass sich die W-Stelle volle drei Monate Zeit lässt und den W-Antrag, weil unbegründet, ablehnt -> Klageverfahren...
- Abgelehnt wird odch nur die Eilbedürftigkeit, nicht aber der Klagegrund, denke ich. Ob das stimmt, wissen andere Foristi besser als ich ;-)

:Daumen:
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Paulus
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#5

Beitrag von Paulus »

kleinchaos hat geschrieben: Mi 13. Sep 2023, 17:16 Den Eilantrag zurückzunehmen heißt ja nicht automatisch, dass die Klage zurückgenommen wird. Es wird nur die Eilbedürftigkeit zurückgenommen
Es gibt noch keine Klage, es läuft ein Widerspuchsverfahren, das aber in eine Klage münden wird, wenn das Jobcenter dem nicht zustimmen wird.

Wir befürchten, dass bei Ablehnung des Eilantrags das Gericht Argumente anbringt, die nachteilig im Prozess sein könnten bzw. das Jobcenter in dem Widerspruchsbescheid dann diese Argumentation einfach übernimmt.

Folglich ist eine Rücknahme wohl eher als "Neutralitätszustand" zu werten.

Im Übrigen kommt die Stellungnahme vom Jobcenter nicht von einem Sachbearbeiter, sondern von der Widerspuchsstelle und sehr wahrscheinlich von einem Rechtsanwalt.
Paulus
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#6

Beitrag von Paulus »

Von anderer Stelle ist uns jetzt abgeraten worden, den Eilantrag zurückzunehmen.
Wenn das Gericht keinen Anlass für einstweiligen Rechtsschutz sieht, können die auch direkt den Beschluss zuschicken.
Es bestünde wohl eher die Sorge, dass die Ablehnung des Eilantrags eine Fehlentscheidung sein könnte (weil der Richter unsicher ist), wenn das Hauptverfahren d.h. die Klage danach dann erfolgreich ist. Daher wolle das SG wohl solche komplizierten Fälle lieber ohne Beschluss/Urteil abschließen (durch Rücknahme des Eilantrags).

Hat da jemand mit Erfahrung?
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Koelsch
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#7

Beitrag von Koelsch »

Es ist durchaus korrekt, dass die SG's gerne ohne Urteil/Beschluss abschließen, spart denen ja sehr viel Arbeit. Für mich menschlich nachvollziehbar wäre dann aber auch, wenn sich im Hinterkopf des Richters für die eigentliche Klage festsetzt: "Ach ja, das ist doch der, der uns im Eilantrag viel vermeidbare Arbeit aufgehalst hat". Ob das so ist, keine Ahnung, aber menschlich wäre das für mich nachvollziehbar und Richter sind (zumindest meistens) Menschen.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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tigerlaw
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Re: Eilantrag zurücknehmen

#8

Beitrag von tigerlaw »

Noch einmal einen Schritt zurück: Im Eilverfahren muss es - kumuliert - zwei Voraussetzungen geben: Den Anordnungsanspruch und den -grund.

- Der Anspruch wird im Gesetz definiert: Wenn kein (oder zu wenig) Einkommen und nur wenig Vermögen, dann +

- Der Grund ist z.B. "Kühlschrank leer".

- Durch das Eilverfahren soll andererseits auch keine "Vorwegnahme der Hauptsache" erfolgen.

JC dürfte vermutlich in Richtung auf den Anspruch argumentieren.

Dem Eilverfahren ist immanent, dass es gerade deswegen ohne tiefschürfende Erwägungen zu einer vorläufigen Entscheidung kommt.

Es erfolgt auch eine Folgenabwägung: Was ist, wenn ich jetzt materiell falsch-positiv entscheide, sind die Folgen dann schwerer, als wenn ich falsch-negativ entscheide?

Und dann kommt es auch noch auf den "Geschäftsverteilungsplan" im Gericht an. Manche Gerichte gehen nach dem Buchstabes des Beklagten, dann ist immer wieder dieselbe Kammer für Sachen gegen das JC z.B. "C" zuständig. In anderen Gerichten wird im Umlaufverfahren zugeteilt (ich nenne das "Roulette-Kugel"). Wenn einmal in einer Rechtsmaterie zwischen Bürger und Behörde eine Sache bei einer bestimmten Kammer anhängig ist, dann bleibt sie auch zuständig für alle weiteren Rechtsstreite, solange auch nur einer noch nicht abgeschlossen ist.

In Berlin ist es noch wieder anders, da gibt es ein Umlaufverfahren, aber zumindest bei Hauptsache-Anträgen gibt es keine Konzentration. Ich hatte schon einmal eine Mandantin (auch hier aus dem Forum), für die waren drei Kammern gleichzeitig zuständig (wenn auch für unterschiedliche BWZ).

Was ich damit sagen will: Es ist längst nicht so, dass immer derselbe Richter für eine ER-Sache und später für die Hauptsache zuständig ist, so dass die "Befürchtung" von Kölsch nicht so durchschlagend sein dürfte.

Wenn Ihr aber der Ansicht seid, dass Ihr doch recht habt und das JC nur Unwahrheiten vorträgt, dann schreibt entsprechend an das Gericht.

Vielleicht entscheidet sich dann die Richterin sogar dafür, doch einen Erörterungstermin anzusetzen (der vom Gesetz nicht zwingend vorgeschrieben ist).
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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