Selbstständigkeit: falsche Einordnung als Saisonbetrieb, jahresbezogene Betrachtung. Was nun?
Verfasst: Di 26. Nov 2019, 01:12
Hallo liebe Forummitglieder,
ich habe mich hier neu angemeldet, weil ich dringend Unterstützung bei meinem Antrag auf „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" bzw. meinem Widerspruch einer falschen Einordnung meines Gewerbes benötige und wie ich bisher durch Herumstöbern herausfand, kommen hier wirklich gute Hinweise zustande! Wenn mir hier also jemand den Weg weisen kann, wäre ich sehr sehr dankbar!
1. Konkret handelt es sich um meinen (erneuten) Antrag zu „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II“ und eine - meines Erachtens nach unberechtigte - Einordnung meiner selbstständigen Tätigkeit als Saisonbetrieb. Da sich aus dieser Einordnung eine „jahresbezogene Betrachtung“ meiner Einkommensverhältnisse ergibt, entsteht für mich eigentlich eine untragbare Situation.
2. Zugleich verlangt man (neben Kontoauszügen und der Anlage EKS der letzten sechs und der kommenden zwölf Monate) von mir die Unterzeichnung einer Niederschrift (die nach meiner persönlichen Vorsprache entstand) und dem „Hinweisblatt bzgl. jahresbezogener Betrachtung“, durch die ich zustimmen würde, dass es sich bei mir um einen Saisonbetrieb handelt.
3. Meine Tätigkeit:
Vermittlung von Agrarprodukten auf Provisionsbasis. Diese Tätigkeit führt zu keinem konstanten Gewinn, sondern dieser schwankt. Gleichwohl habe ich hier aber noch nie solche Gewinne erzielt (seit zwei Jahren stagniert das Geschäft europaweit, davor war ich in Gründung), dass ich mich annähernd entspannen könnte. Die Gewinne verteile ich auf künftige Monate und lebe extrem sparsam bis zum nächsten Null-level, bei dem ich dann einen Antrag stelle. Die Aufträge sind langwierig, Kaufvertrag und Gewinn sind nicht punktuell. Hier kann man kaum Prognosen stellen.
4. Ich sand meiner Betreuerin binnen der gesetzten Frist meine Stellungnahme mit Erklärungen, warum ich nicht als Saisonbetrieb eingestuft werden sollte, worauf hin man in zwei Sätzen bei der Einschätzung der jahresbezogenen Betrachtung bleiben möchte (aufgrund „schwankendem Einkommen“ und „wiederholtem Antrag in den Wintermonaten“) und bei Ausbleiben der geforderten Dokumente/Unterschriften das Ablehnen oder Einstellen der beauftragten Hilfeleistung androht.
5. So wie ich (unter Zuhilfenahme der Arbeitshilfen der Bundesagentur für Arbeit) die Argumentation des Jobcenters verstehe, geht es um
a) erneuter (konkret: zweiter) Antrag
b) „in den Wintermonaten“ und (s. hier Nr. 6)
c) schwankendes Einkommen,
weshalb man gerne das Einkommen vom kommenden ganzen Jahr sichten möchte, auch wenn ich den Antrag nur für ein halbes stelle.
6. Meine Argumentation bezieht sich darauf,
- dass mein schwankendes Einkommen (c) keineswegs saisonbedingt oder vom Kaufverhalten der Verbraucher abhängig ist (a), sondern von gängigen wirtschaftlichen Faktoren wie Qualität, Quantität, Börsenpreise (Getreidegeschäft) usw. (Hinweis: Getreide als Nahrungsmittel wird das ganze Jahr benötigt, nicht nur saisonweise. Ich produziere es nicht, sondern vermittle gelagertes Getreide.)
- und dieses Jahr tatsächlich auch von meinem krankheitsbedingten dreimonatigen Ausbleiben.
- Abgesehen von der Gründungszeit stelle ich nun innerhalb von drei Jahren/Wintern das zweite Mal einen Antrag (b) - in der Winterzeit, woraus mir nun ein Strick gemacht wird - dieses Jahr aber aufgrund einer belegten dreimonatigen Erkrankung, während der ich keine Aufträge generieren konnte.
- Darüber hinaus wird (im Bereich Saisonbetrieb) immer wieder davon gesprochen, dass die jahresbezogene Betrachtung nur dann anwendbar ist, wenn der Leistungsempfänger darauf „hingewiesen wurde“, was ja beim letzten Antrag nicht geschah, sondern erst zu diesem aktuellen Antrag.
--> auf wann bezieht sich also der Hinweis? vgl. https://harald-thome.de/fa/harald-thome ... 014-12.pdf, S. 22, Nr. 5, 2. und 3. Absatz
Mir geht es also um folgende Fragen:
A. Obwohl die Einordnung als Saisonbetrieb per definitionem falsch ist (s. hier Nr. 6, erster Spiegelstrich), kann ich dennoch wegen schwankendem Einkommen so eingeordnet werden? Ist das nicht ein Merkmal von den meisten selbstständigen Tätigkeiten? Und warum gibt es dann die Option des Pausierens von ALG II oder des Abmeldens und erneuten Anmeldens?
B. Ich habe mich bereits gegen die Einordnung schriftlich gewehrt (s. Nr. 4), aber man zwingt mich dennoch dazu, die Hinweise zur jahresbezogenen Betrachtung zu unterzeichnen und Dokumente für 6 Monate rückwirkend und 12 Monate künftig bereitzustellen (ansonsten droht Ablehnung). Welche Möglichkeiten habe ich?
C. Aktuell bin ich (abzgl. der Gründungszeit) im 3. Jahr, stelle zum zweitenmal einen Antrag, jetzt aber nachweislich wegen dreimonatiger Krankheit. Kann man daraus ein Muster (=Saisonbetrieb) basteln?
D. Wann sollte denn der Hinweis erfolgen, dass ich ein Saisonbetrieb sein soll? (Hintergrundwissen: es gibt wohl zwei Kriterien für einen Saisonbetrieb: entweder man erzielt nur zu bestimmten Jahreszeiten Gewinne (Eisdielen) oder der Gewinn schwankt stark, so dass man in leistungsfreier Zeit Millionen erwirtschaften könnte, die man verprasst und dann einen Antrag stellt. Ein Saisonbetrieb weiss von seinen künftigen Ausfällen im Voraus und soll vom Jobcenter hingewiesen werden, dass er Rücklagen bilden muss, also nicht auf großem Fuss leben soll, um so lang wie möglich seine Hilfsbedürftigkeit zu vermeiden. Dagegen steht aber nach wie vor mein Argument, dass ja bitte das Brot ganzes Jahr gebacken wird). Wenn der Hinweis jetzt erfolgt und ad hoc diese Einordnung geschieht, ist das wenig hilfreich. Könnte ich die Einordnung alleine deshalb anfechten?
Entschuldigt, ist doch lang geworden.
Gerne schreibe ich noch mehr Hintergrundinfos, hier wollte ich nur die basics darstellen, die mich am meisten wurmen.
Danke Euch!
ich habe mich hier neu angemeldet, weil ich dringend Unterstützung bei meinem Antrag auf „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" bzw. meinem Widerspruch einer falschen Einordnung meines Gewerbes benötige und wie ich bisher durch Herumstöbern herausfand, kommen hier wirklich gute Hinweise zustande! Wenn mir hier also jemand den Weg weisen kann, wäre ich sehr sehr dankbar!
1. Konkret handelt es sich um meinen (erneuten) Antrag zu „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II“ und eine - meines Erachtens nach unberechtigte - Einordnung meiner selbstständigen Tätigkeit als Saisonbetrieb. Da sich aus dieser Einordnung eine „jahresbezogene Betrachtung“ meiner Einkommensverhältnisse ergibt, entsteht für mich eigentlich eine untragbare Situation.
2. Zugleich verlangt man (neben Kontoauszügen und der Anlage EKS der letzten sechs und der kommenden zwölf Monate) von mir die Unterzeichnung einer Niederschrift (die nach meiner persönlichen Vorsprache entstand) und dem „Hinweisblatt bzgl. jahresbezogener Betrachtung“, durch die ich zustimmen würde, dass es sich bei mir um einen Saisonbetrieb handelt.
3. Meine Tätigkeit:
Vermittlung von Agrarprodukten auf Provisionsbasis. Diese Tätigkeit führt zu keinem konstanten Gewinn, sondern dieser schwankt. Gleichwohl habe ich hier aber noch nie solche Gewinne erzielt (seit zwei Jahren stagniert das Geschäft europaweit, davor war ich in Gründung), dass ich mich annähernd entspannen könnte. Die Gewinne verteile ich auf künftige Monate und lebe extrem sparsam bis zum nächsten Null-level, bei dem ich dann einen Antrag stelle. Die Aufträge sind langwierig, Kaufvertrag und Gewinn sind nicht punktuell. Hier kann man kaum Prognosen stellen.
4. Ich sand meiner Betreuerin binnen der gesetzten Frist meine Stellungnahme mit Erklärungen, warum ich nicht als Saisonbetrieb eingestuft werden sollte, worauf hin man in zwei Sätzen bei der Einschätzung der jahresbezogenen Betrachtung bleiben möchte (aufgrund „schwankendem Einkommen“ und „wiederholtem Antrag in den Wintermonaten“) und bei Ausbleiben der geforderten Dokumente/Unterschriften das Ablehnen oder Einstellen der beauftragten Hilfeleistung androht.
5. So wie ich (unter Zuhilfenahme der Arbeitshilfen der Bundesagentur für Arbeit) die Argumentation des Jobcenters verstehe, geht es um
a) erneuter (konkret: zweiter) Antrag
b) „in den Wintermonaten“ und (s. hier Nr. 6)
c) schwankendes Einkommen,
weshalb man gerne das Einkommen vom kommenden ganzen Jahr sichten möchte, auch wenn ich den Antrag nur für ein halbes stelle.
6. Meine Argumentation bezieht sich darauf,
- dass mein schwankendes Einkommen (c) keineswegs saisonbedingt oder vom Kaufverhalten der Verbraucher abhängig ist (a), sondern von gängigen wirtschaftlichen Faktoren wie Qualität, Quantität, Börsenpreise (Getreidegeschäft) usw. (Hinweis: Getreide als Nahrungsmittel wird das ganze Jahr benötigt, nicht nur saisonweise. Ich produziere es nicht, sondern vermittle gelagertes Getreide.)
- und dieses Jahr tatsächlich auch von meinem krankheitsbedingten dreimonatigen Ausbleiben.
- Abgesehen von der Gründungszeit stelle ich nun innerhalb von drei Jahren/Wintern das zweite Mal einen Antrag (b) - in der Winterzeit, woraus mir nun ein Strick gemacht wird - dieses Jahr aber aufgrund einer belegten dreimonatigen Erkrankung, während der ich keine Aufträge generieren konnte.
- Darüber hinaus wird (im Bereich Saisonbetrieb) immer wieder davon gesprochen, dass die jahresbezogene Betrachtung nur dann anwendbar ist, wenn der Leistungsempfänger darauf „hingewiesen wurde“, was ja beim letzten Antrag nicht geschah, sondern erst zu diesem aktuellen Antrag.
--> auf wann bezieht sich also der Hinweis? vgl. https://harald-thome.de/fa/harald-thome ... 014-12.pdf, S. 22, Nr. 5, 2. und 3. Absatz
Mir geht es also um folgende Fragen:
A. Obwohl die Einordnung als Saisonbetrieb per definitionem falsch ist (s. hier Nr. 6, erster Spiegelstrich), kann ich dennoch wegen schwankendem Einkommen so eingeordnet werden? Ist das nicht ein Merkmal von den meisten selbstständigen Tätigkeiten? Und warum gibt es dann die Option des Pausierens von ALG II oder des Abmeldens und erneuten Anmeldens?
B. Ich habe mich bereits gegen die Einordnung schriftlich gewehrt (s. Nr. 4), aber man zwingt mich dennoch dazu, die Hinweise zur jahresbezogenen Betrachtung zu unterzeichnen und Dokumente für 6 Monate rückwirkend und 12 Monate künftig bereitzustellen (ansonsten droht Ablehnung). Welche Möglichkeiten habe ich?
C. Aktuell bin ich (abzgl. der Gründungszeit) im 3. Jahr, stelle zum zweitenmal einen Antrag, jetzt aber nachweislich wegen dreimonatiger Krankheit. Kann man daraus ein Muster (=Saisonbetrieb) basteln?
D. Wann sollte denn der Hinweis erfolgen, dass ich ein Saisonbetrieb sein soll? (Hintergrundwissen: es gibt wohl zwei Kriterien für einen Saisonbetrieb: entweder man erzielt nur zu bestimmten Jahreszeiten Gewinne (Eisdielen) oder der Gewinn schwankt stark, so dass man in leistungsfreier Zeit Millionen erwirtschaften könnte, die man verprasst und dann einen Antrag stellt. Ein Saisonbetrieb weiss von seinen künftigen Ausfällen im Voraus und soll vom Jobcenter hingewiesen werden, dass er Rücklagen bilden muss, also nicht auf großem Fuss leben soll, um so lang wie möglich seine Hilfsbedürftigkeit zu vermeiden. Dagegen steht aber nach wie vor mein Argument, dass ja bitte das Brot ganzes Jahr gebacken wird). Wenn der Hinweis jetzt erfolgt und ad hoc diese Einordnung geschieht, ist das wenig hilfreich. Könnte ich die Einordnung alleine deshalb anfechten?
Entschuldigt, ist doch lang geworden.
Gerne schreibe ich noch mehr Hintergrundinfos, hier wollte ich nur die basics darstellen, die mich am meisten wurmen.
Danke Euch!